5. Oktober 2013

DIE ZWÖLF GESCHWORENEN

Sidney Lumet  (USA, 1957)
Gerichts/Justiz-Filme sind oft etwas abschreckend, aber wenn der Name Sidney Lumet obendrüber steht und sein Film eh schon zum Klassiker dieses ungelenkigen Genres avancierte, sollte man sich früher oder später doch darauf einlassen.
Lumet eröffnet sein filmisches Œuvre (es war sein filmisches Debüt!), ohne unnötige Spielereien und Verzierungen, sondern reduziert seine Einleitung auf paar Außenaufnahmen vom Gerichtsgebäude und hält noch das Treiben auf dessen Gängen fest, damit der Zuschauer weiß, wo er die nächsten 90 Minuten eingekerkert wird.
Wir bekommen nur noch am Rande den Ausklang eines Mordprozesses mit, bei dem ein 18jähriger aus den Slums beschuldigt wird, seinen eigenen Vater ermordet zu haben. Schnell werden die zwölf Geschworenen ins Geschworenenzimmer geschickt, wo sie zu einem einstimmigen Ergebnis kommen müssen und der Film verwandelt sich zu dem, was er auch ist: ein Kammerspiel für zwölf Darsteller. Alle erklären den Jungen für schuldig, bis auf den Geschworenen Nr. 8, Architekt von Beruf und von Henry Fonda verkörpert. Die restliche Truppe vertritt unterschiedliche Motive, teilweise völlig an den Haaren herbeigezogen, irgendwo zwischen unüberlegt, fremdenfeindlich und gelangweilt, nur um schnell ein Urteil zu fällen und den Raum zu verlassen. Doch so einfach kommt keiner davon, weil Henry Fonda nicht nur mit seiner Skepsis der Sache auf den Grund gehen will, sondern mit seinen Zweifeln und Vermutungen nach und nach die restlichen Männer auf seine Seite ziehen kann. Für den Zuschauer bleibt nichts anderes übrig, als zu beobachten, in welcher Reihenfolge und aus welchen Gründen die einzelnen Geschworenen ihrer ursprünglichen Überzeugung nachgeben. Einzig Geschworener Nr. 3 bleibt weiterhin stur, was auch gut ist, denn sonst würde es ja keinen Film geben.
Lumets Erstlingswerk soll damals nicht so gut angekommen sein. Am Beispiel des Gruppenverhaltens von zwölf zusammengewürfelten Individuen, rüttelt er ja auch am amerikanischen Justiz-System und beschreibt die Mühen eines einzelnen Helden, gegen eine gleichgültige und selbstsüchtige Gesellschaft anzukämpfen, um einen Verurteilten von seinem tragischen Schicksal zu bewahren.
Ein Raum wie ein Käfig, zwölf schwitzende Darsteller, weil der Ventilator anfangs nicht funktioniert und ein guter Regisseur, der dafür sorgt, dass es nie langweilig wird.

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