22. November 2004

DER ERFOLGREICHE

Lindsay Anderson (Großbritanien, 1973)

Was mich doch sehr verwundert, wie selten doch Lindsay Andersons Meisterwerk "O LUCKY MAN!" (deutsch: „Der Erfolgreiche“) an die Oberfläche geholt wird. Bisher fiel in keinem Filmforum ein Wort darüber, oder ich habe zu ungenau gesucht. Auch sonst wird über den Film hinweggesehen; ich nehme stark an, dass er zu seiner Zeit einen großen Stellenwert hatte. Ein Kult drum herum, der bis heute andauern könnte, blieb aus. Unverständlich.  
Dabei ist es ein solch wichtiger Film; einer der dem Zuschauer das Herz herausreißt und darauf herumspringt. Ein Film, dessen glühend pulsierende Story alles dem Erdboden gleichmacht. Ein Film, der schockiert, kritisiert, belächelt, zum lachen reizt, die Augen öffnet, das Hirn lüftet und mit neuen Ideen und Erfahrungen füllt. In keinem anderen Film gab es ein solch perfektes Zusammenspiel von Bildern und (Rock)Musik, die sogar in einander überlaufen und zum Gesamtkonzept werden (Hut ab vor Alan Prices großartiger Songs; dessen Soundtrack ich gerade im Auto habe). Und selten in einem Film hat der Teufel so deutlich und greifbar gesungen und getanzt. Ein Film der dir den Mittelfinger zeigt und eins in die Fresse haut; gleichzeitig so viele herzhafte Momente bereithält. Und wäre das alles nicht schon genug; seine wahre Stärke liegt darin, den Zuschauer permanent in die Irre zu führen; in jeder kommenden Szene muss man auf das unmöglichste gefasst sein. Ständig starke Plots, die den Protagonisten immer tiefer in die Hölle jagen. 
Malcolm McDowell, der arme Hund, Zielscheibe, Opfer, wie ein Irrer landet er von einer Perversion in die nächste. McDowells Charakter erinnert ein wenig an seinen in „Clockwork Orange“; für mich ist jedoch „O LUCKY MAN!“ noch um einiges interessanter und bewusstseinserweiternder. Jedenfalls zur Zeit. Sogar McDowell selbst findet seine Zusammenarbeit mit Linday Anderson als das beste, was er je gemacht hat. Und vor allem ist das ein Film, den ich viel zu spät entdeckt habe (genauso wie seinen Vorgänger „IF“) Dieser Film ist des Teufels filigranster Tanz. Das beste seit langer Zeit.