25. April 2010

FEDERICO FELLINI - Herz des Kinos

Wenn ihm nichts mehr einfiel, lehnte er sich zurück, machte ein Nickerchen, träumte und verarbeitete anschließend den Traum in seinem Film.
Spielerisch wie ein kleines Kind modellierte er an seiner eigenen Welt, bis sie mit jedem weiteren Film immer vollkommener und individueller wurde. Es gab niemals vergleichbare Bilder in der Filmgeschichte und niemand traute sich, die fellineske Welt in eine Form hineinzupressen, um sie zu reproduzieren, ein Ebenbild zu schaffen. Zu komplex und zu detailreich müsste diese Form sein... unnachahmlich ist sie.
Fellini liebte die Menschen und ihre Geschichten, so unspektakulär sie in Wirklichkeit auch sein mochten. Gestalten in einer Welt aus Theater, Kunst, Traum und Groteske. Und es sind vor allem immer ihre Gesichter. Er zeigte ihr Individuum und ließ sie ihre eigenen Storys erzählen; Frauen und Männer von der Straße, denen wir wahrscheinlich keine Beachtung schenken würden; herausgegriffen aus der Masse. Viele von ihnen sagten nur einen Satz und wurden danach ihrem Schicksal überlassen, trotzdem gehörten sie zur Verzierung des Gesamten.In seinem Werk umarmte er seine Figuren als wären es seine eigenen Kinder und genauso verbeugt er sich vor den Orten, von denen er erzählte. Vor allem seine geliebte Stadt Rom; die schönste und ehrlichste Umarmung, die man sich vorstellen kann. Eine Collage aus alltäglichen Geschehnissen und Beobachtungen; der Kontrast zwischen dem Antiken und dem Modernen und im Mittelpunkt permanent diese wundervollen Leute; jeder ein Freund, ein Clown, ein Künstler, ein Liebender. 
Ein kleines, und doch gigantisches, surreales Universum zusammengesetzt aus nostalgischen Erinnerungen und symbolischer Poesie. Eine unglaubliche, surreale Welt mit dieser permanenten Erinnerung daran, dass jedes Gesicht interessant ist; das „Hässliche“ und das Ungewöhnliche so magisch schön, und um so mehr die Person dahinter. Sich in dieser Welt verlieren zu können, wäre schlichtweg das Größte.

Eine chronologische Erinnerung in Bildern:











24. April 2010

goEast 2010

21.04.10 - 27.04.10, Wiesbaden

Es ist (zum Glück) wieder mal so weit: zum 10. Mal das goEast-Festival in Wiesbaden.
Vom 21.04 bis zum 27.04 verlässt man die Realität, oder versucht es zumindest während der Kinoaufenthalte, und taucht ein, in diese wunderbare, oft exotisch wirkende Filmlandschaft. Filme, die man zum ersten und vielleicht auch zum letzten Mal sieht. Alle Veranstaltungen schön verteilt auf die spannendsten Orte Wiesbadens. (vor allem die Caligari-Filmbühne, das Murnau-Filmtheater, Kulturzentrum Schlachthof, bis hin zum Oma-Cafe Maldaner)
Die größte Kunst dabei ist es jedes Mal, die eigene filmische Spürnase auszufahren und aus dem verworrenen Programmurwald die richtigen Filme rauszusuchen. „Richtig“ heißt dabei: inhaltlich ansprechend, nicht zeitlich überlappend und dass man vielleicht sogar bereits den Regisseur kennt. Ein schweres Aussortierungsverfahren, aber man kann nicht alles sehen. Leider meistens nur sehr weniges.

 
Gesehen und als toll empfunden: 

Oldrich Lipský
LIMONADEN-JOE
Tschechoslowakei, 1964

Juliusz Machulski
SEX
MISSION Polen, 1984

Otar Iosseliani
EIN SOMMER AUF DEM DORF
Georgien, 1975

Otar Iosseliani
DIE GÜNSTLINGE DES MONDES
Frankreich, 1984

Otar Iosseliani
GÄRTEN IM HERBST
Frankreich, 2006

18. April 2010

VAMPYR – Der Traum des Allan Grey

Carl Theodor Dreyer (Deutschland, 1932)
Schemen- und schleierhaft wie eine piktorialistische Fotografie eines frühen Edward Weston wirkt dieser Film. Außerdem Dreyers erster Tonfilm; man merkt wie er noch von diesem neuen Medium und Gestaltungsmittel eingeschüchtert ist, weil der Einsatz von Sprache so extrem sparsam ist. Der Däne drehte in Deutsch, ließ die Darsteller daher ihre wenigen Texte phonetisch lernen.
Der Student Allan Grey macht auf seiner Durchreise einen Zwischenstopp in einem Gasthaus, wo sich herausstellt, dass eine alte Vampirin die Ortschaft terrorisiert.
Beachtenswert ist, dass es ein Vampirfilm ist, der das unmittelbare Grauen bzw. den Vampir in Person fast gar nicht darzustellen braucht und trotzdem einer der stimmungsvollsten Filme aus diesem Genre ist, den ich je gesehen habe. Wobei sicherlich auch die schlechte, abgenutzte Kopie des Films dazu beiträgt; die Audiospur ist ein tiefer Ozean an dumpfem Rauschen, die Dialoge daher tief verborgen und kaum verständlich. Das Bild, als würde man durchgehend eine Nebelmaschine darauf richten. In dem Fall bleibt zu hoffen, dass der Film niemals restauriert wird, sonst raubt man ihm einen erheblichen Teil seiner Atmosphäre.  
Ein Genrefilm, den ich schon viel früher hätte sehen sollen, denn mit Murnaus „Nosferatu“ bilde er vermutlich die beiden Eckpfeiler für alles was danach kam.