21. April 2002

CINEMA PARADISO

Giuseppe Tornatore (Italien, 1988)
Tornatore möchte jedes Mal ein Fellini sein, weiß aber anscheinend nicht, dass es ein Ding der Unmöglichkeit ist. Träumen kann er weiterhin davon, denn gerade diese Wunschvorstellung, das Fellineske zu erstreben, zeichnet seinen Film aus.  
Das Kino, der Zufluchtsort, der Filter für alle äußerlichen Ängste und das Herz des Filmes, ist somit der Träger für die ganze Geschichte; ein schön ausgewählter Mittelpunkt, ein Film im Film, eine Hommage an das Kino und gleichzeitig eine Erzählung über das Leben an sich. Das Kino als Ort der Zusammenkunft; Menschen, die lachen, weinen, verzaubert werden, schlafen, Kinder gebären, masturbieren, oder Anschlagopfer werden. Und natürlich die Zeit, die alles Vergehen lässt und die Menschen samt Kinosaal zerstört.Trotzdem hat man den Anschein, Tornatore konzentriere sich mehr darauf, in einer Retrospektive seine Lieblingsfilme über die Leinwand laufen zu lassen, anstatt wirklich die Aufmerksamkeit auf das Geschehen im Kinosaal zu richten. So werden uns die kleinen Anekdoten zwar bewusst, aber bleiben eben schleierhaft mit der Ausdruckskraft einer zweiten Ebene. Gerade bei jenen Kinogeschehnissen sehnt man sich nach Fellinis Handschrift.  
Wenn man jedoch Ennio Morricone als Hauskomponisten hat, glänzen die Bilder aufeinmal wie Diamanten und der narrative Karren wird aus dem Dreck gezogen. Aus Scheiße wird Gold, ohne Kritik an die Bilder dieses Filmes üben zu wollen.  
Und natürlich das Ende, als der inzwischen erwachsene Protagonist die Filmcollage aus den Kussszenen bekommt, die früher auf Grund der Zensur der Schere zum Opfer fielen. Übrigens eine zu dick aufgetragene, fast pathetische Szene; eher zum Schmunzeln als zum Mitweinen. Aber es hat immerhin erneut diesen sentimentalen Tornatore -Charakter; viel Zeit und vor allem viele Filme galoppieren einem durch den Schädel, und von nichts anderem erzählt „Cinema Paradiso“ als von der Leidenschaft zu bewegten Bildern; vom Kino, dem Zufluchtsort als scheinbar zweckmäßig konstruiertes Paradies, und von diesem unaufhaltsamen Zeitvergehen.  
Das ist alles schön und nett, aber eben nicht mehr. Und Tornatore der ewige Fellini für die ganze Familie.