27. September 2005

DER GARTEN DER FINZI CONTINI

Vittorio de Sica (Italien, 1970)

Und wieder ein sehr guter Film über den italienischen Faschismus, der sich ohne Bedenken zwischen Bertoluccis „Der große Irrtum“ und „1900“ einreihen kann, sogar Dominique Sanda ist wieder in der weiblichen Hauptrolle mit dabei; jetzt schon zum dritten Mal; eine wahre Spezialistin in dieser Thematik. Außerdem noch Helmut Berger und Romolo Valli, den man auch aus „1900“ kennt. Der Faschismus am Beispiel einer jüdischen Aristokratenfamilie in Ferrara, die zunächst glaubt, in ihrer eigenen Welt sicher zu sein, anstatt die Geschehnisse als Signal und Warnung wahrzunehmen. Schön auch, wie hier mit der Zeit umgegangen wird: die Chronologie wird durch kurze Rückblenden an die glückliche Jugendzeit zerstückelt; die gleichen Orte, die gleichen Menschen.... einst in der Schulklasse sitzend und später im gleichen Raum, an den gleichen Schulbänken von den Faschisten als Politischverdächtige und Juden zusammengepfercht, auf ihr Schicksal wartend. Oder das Verhältnis zum Materiellen, zum Besitz, zu den Mitmenschen... wenn die Familie schließlich „abgeholt“ wird, ihre Villa, ihr Heim verlassen muss; ein letzter Blick auf das Haus durch die Heckscheibe des Autos; ein letzter Blick auf den ahnungslosen Hund, den man so sehr liebte, nur ganz kurz beim Vorbeifahren registriert, für immer verlassen.

9. September 2005

BROKEN FLOWERS

Jim Jarmusch (USA, 2005)
Das düsterste was Jarmusch bis dahin abgeliefert hat. Vielleicht wurde dieses bedrückende Gefühl zusätzlich durch den traurigen Fakt bestärkt, dass ich damals einen hochgelobten und preisgekröntenFilm in einer 5-Mann-Kinovorführung sehen durfte; und das bei der Premiere! Aber zum Film: ein Jarmusch, in dem es wenig zu lachen gibt. Ein Jarmusch, in dem die grotesken Figuren entweder eine echte Rarität sind oder nur auf sparsame Weise, und wenn, dann ist das Groteske an ihnen nur noch traurig, real und nicht mehr aus einer poetisch-verstaubten, tragisch-komischen Kneipen-Kabarett-Künstler-Unterwelt stammend. Der Protagonist ist zwar interessant, weil er völlig uninteressant ist; ein Mann ohne Eigenschaften, oder der sie längst verloren hat. Irgendwie fehlen hier aber die großen Schläge der echten Beatnik-Herzen, welche sonst die Jarmuschwelt ausmachen. Sicher: das Konzept ist auch anders; der Held ist und war nie ein Kreativer und auch keiner, der sich wirklich gerne auf seine Odyssee begibt. Und Jarmusch muss aufpassen: sein Stil, den er immer mehr zu perfektionieren versucht, nämlich der absolute Minimalismus ist an der Schwelle zum Manierismus.Trotzdem immer noch ein sehr guter Film, in dem fast jede Sequenz offengelassen wird, ins Leere läuft, wo mehr Fragezeichen stehen bleiben, als direkte Antworten geben werden.Und ja, es gibt tatsächlich direkte Parallelen zu Wenders' "Don't Come Knocking": auch hier der alternde Mann auf der Suche nach sich selbst, nach seinem erwachsenen Sohn und der Geliebten von damals. (in beiden Filmen Jessica Lange). Da fragt man sich doch fast, wer von beiden (Jarmusch oder Wenders) so unverschämt war?