10. Mai 2012

HERR DER FLIEGEN

Peter Brook (Großbritannien, 1963)
William Goldings Romanvorlage war früher der Schrecken aller Lesemuffel und wurde deswegen bis ins Detail im Deutschunterricht seziert, um wehrlose Schüler zu ängstigen.
Ist ja auch ein engagiertes und zeitloses Thema, wenn man eine Gruppe Schuljungen nach einem Flugzeugabsturz auf einer unbewohnten Insel stranden lässt und zuschaut, wie aus zivilisierten, jungen Menschen, die gerade im Reifungsprozess sind, ungehobelte Wilde werden, die zunehmend an Tiere erinnern und auch so handeln.
Anfangs wird noch versucht, ein geordnetes System aufrecht zu erhalten, doch schon die Bestimmung des Anführers spaltet die Jungs in zwei Lager und diese Unverständigkeit führt schließlich zu einer Katastrophe.
Man könnte meinen, mit Goldings Vorlage befindet man sich inhaltlich auf sicherem Terrain und optisch schießt der Film auch über vieles hinaus, was zur damaligen Zeit gedreht wurde. Die Insel ist ohnehin ein Gefängnis und kein Paradies; paradiesisch sind bloß die Bilder, auf denen sich der Film ausruhen kann wie auf einem ganzen Lorbeerhaufen; hier treffen präzis durchkomponierte Bilder auf eine reportagenartige Kamera, die gekonnt zwischen den vielen Kindern umher kreist und das Geschehen beobachtet ohne sich aufzudrängen. 
Das genügt auch für ein geistreiches Sehvergnügen, doch am Ende ist es doch kein Film, nach dem man sich die Finger lecken würde. Der beklemmende Druck dieses unbewohnten Ortes ist viel zu wenig spürbar, ebenso diese Hilflosigkeit, das Fehlen der Autorität der Erwachsen, die geringe Lebenserfahrung... als wären all diese Dinge von der Meeresflut verdünnt oder gänzlich weggespült worden. Fast erscheint der dramatische Höhepunkt unbegründet.
Aber die Bilder;... sie sind es, die den Karren aus dem Dreck ziehen.

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