14. Mai 2012

ES

Ulrich Schamoni (Deutschland, 1965)
Als nach dem Krieg nicht nur Deutschland, sondern auch der deutsche Film in Schutt und Asche lag und nur in der Lage war, mit betäubender Langweile zu bestechen, da schlossen sich einige junge Wilde zusammen und riefen mit dem Oberhausener Manifest den deutschen Film zum neuen Leben, um sich dem problemfreien, deutschen Unterhaltungskino querzustellen.
Diese Anekdote ist ein alter Hut, könnte man meinen, denn etwas ähnliches ereignete sich ja schon etwas früher mit der Nouvelle Vague-Bewegung in Frankreich. 
Schamonis "Es" ist der Vorreiter dieses "neuen, deutschen Films", aber nicht ohne die französischen Vorbilder zu berücksichtigen. Der Unterschied ist, dass Schamoni nicht bloß stilistisch dieses zu vergreisen drohende Medium anrempelt, sondern auch noch ein damaliges Tabu-Thema anspricht und das große Skandal-Feuer entfacht: Schamonis Protagonistin ist schwanger, will es aber vor ihrem Freund verheimlichen, möchte unbedingt abtreiben und stößt bei jedem Arzt auf ablehnende Empörung und abgedroschene Moralpredigten.
Was nach einem schwermütigen Beziehungs- und Existenz-Melodrama klingt, bewahrheitet sich als ein lebhaftes Gesellschaftsportrait, nicht ohne Humor und einem beißenden Blick auf das Nachkriegsdeutschland als kleinbürgerliche Konserve, in der es nach Angst und Misstrauen müffelt. 
Und so wie es früher in Oberhausen verkündet wurde, Papas Kino sei tot, so sollten die heutigen, deutschen Regisseure ruhig öfters zu ihren filmischen Vätern hochschauen, wie etwa Ulrich Schamoni.

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