23. September 2012

SO LANGE ES MENSCHEN GIBT

Douglas Sirk (USA, 1959)
Und weiter geht's mit Douglas Sirk. "So lange es Menschen gibt" war sein letzter Film, vielleicht auch gut so, weil er sich trotz seiner erzählerischen Qualität zum Ende hin in ein sentimentales Dauerleiden der ersten Klasse hineingaloppiert. Rassismus ist hier großgeschrieben, der Stoff wurde schon in den 30er Jahren verfilmt, wo die Zuschauer eigentlich noch viel eher von ihren Sitzen aufspringen mussten.
Die verwitwete Schauspielerin Lora (Lana Turner) hat eine afroamerikanische Haushälterin bzw. Kindermädchen bei sich zu Hause aufgenommen, deren Tochter Sarah Jane (Susan Kohner... hat bisschen was von Natalie Wood) kaum etwas von der dunklen Hautfarbe ihrer Mutter geerbt hat.
Sirk verfolgt damit zwei Handlungsstränge, die sich aber ständig überkreuzen und voneinander abhängig sind: das ist zum einen Loras Traum vom großen Schauspiel-Erfolg, für den sie ihre Mitmenschen oft vernachlässigt und zum anderen die Mutter/Tochter-Bezeihung zwischen der schwarzen Annie und ihrer weißen Tochter, die sich für ihre Mutter schämt und ihre familiären Wurzeln von Kindesbeinen an versucht zu verheimlichen, um von der Gesellschaft nicht ausgestoßen zu werden. Das Drama spitzt sich zu, als die junge Sarah Jane schließlich das Haus verlässt, um ein neues Leben anzufangen, bei dem ihr ihre Mutter nicht ständig in die Quere kommen soll, die sich daraufhin in Kummer und Verzweiflung stürzt und schließlich am gebrochenen Herzen stirbt.Douglas Sirk muss ein wahrer Meister gewesen sein, dass er eine solche prätentiöse Grundthematik dennoch gekonnt meistert, man fühlt sich fast wie in einem Kazan-Film, die Vorzeige-50er werden demaskiert, die Figuren zerren aneinander, Tränen fließen, Sarah Jane wird sogar in einer schäbigen Seitenstraße von ihrem Freund zusammengeschlagen, als er erfährt, sie hätte eine schwarze Mutter.
Alles schön und gut, bloß wieso um Himmels Willen muss der Film mit einer pompösen Beerdigung der afroamerikanischen Haushälterin abgeschlossen werden, deren Leichnam im großen Stil von einer Kutsche durch überfüllte Hauptstraßen gezogen wird? Es soll ihr eigener Wunsch zu Lebzeiten gewesen sein, wirkt aber eher wie auf Bestellung von Douglas Sirk konstruiert. Der Rassismus hat wieder mal ein Opfer gefordert, die undankbare Tochter kommt dann plötzlich tränenüberströmt aus einer Bildecke und stürzt sich in dramatischer Pose auf den davonfahrenden Sarg. Mehr Melodrama geht kaum noch. Douglas Sirk, King of Pathos. Damit schloss er den Kreis seines Gesamtwerks, in dem er uns mit triefenden Taschentüchern dastehen lässt; aber so etwas muss man auch erst mal hinbekommen.

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