4. September 2012

DAS PARADIES DER DAMEN

Julien Duvivier (Frankreich, 1930)
Ein wirklich hübscher Guten-Morgen-Film war letztens dieser uralte Duvivier-Film, eine Émile Zola-Verfilmung, über die junge Denise, die nach Paris geht, zuerst bei ihrem Onkel, einem Einzelhändler für Stoffe, Unterschlumpf findet, schnell aber merkt, dass dieser von der vernichtenden Konkurrenz des gegenüberliegenden, riesigen Kaufhauses in den Boden gestampft wird. Blitzartig entscheidet sich das junge Mädchen, selbst in diesem neuen Massenkonsum-Imperium, das auf den Namen "Das Paradies der Damen" hört, Fuß zu fassen und sie wird auch sogleich als Mannequin eingestellt. Eine Liebesgeschichte darf auch nicht fehlen, so entflammt eine Liebe zwischen Denise und dem Kaufhausinhaber Octave Mouret, was aber dramaturgisch vordergründig dazu dient, den Schrecken des Kapitalismus mit dem wirtschaftlichen und schließlich menschlichen Elend von Einzelschicksalen zusammenzubringen, um bewusst auf die Opfer der Spät-Industrailisierung hinzudeuten.
Denn Denises Onkel ist nicht nur bankrott, sondern hat zu all dem auch noch eine kranke Tochter im Haus, die schließlich von ihrem Ehemann verlassen wird, der all dieses Elend nicht länger ertragen kann und selbst nach dem Glanz des neues Kaufhauses hinüber schielt.
Heraus kommt dabei ein vielschichtiger Film, der einerseits seinen Blick auf die Coolness der damaligen Mode/Lifestyle-Welt lenkt und das in wunderbar komponierten Bildern und innovativen Kamerafahrten einfängt, und auf der anderen Seite demonstriert er eben die Schattenseite von dem Drang nach wirtschaftlichem Erfolg, der unmenschliche Folgen hat. Hierfür nutzt der Regisseur eine andere Bildsprache, lässt in raschen Bildschnitten Gebäude einreißen, zeigt die Wucht der Bauarbeiten, den unaufhörlichen Rhythmus einer maschinellen Welt, die ständig dröhnt und jede Menge Staub aufwirbelt. Das ist beängstigend und man fühlt sich plötzlich wie bei Eisenstein und seinen symbolischen Bilderwelten.
Ein guter Film, würde er nur nicht in seiner Notlage doch noch so etwas wie ein Happy End erzwingen, das das junge Paar mit glänzenden Augen in diese moderne Zukunft blicken lässt, wo doch der Kaufhausbesitzer kompromisslos über Leichen ging, um seine Ziele zu erreichen. Denn die todkranke Tochter des Einzelhändlers stirbt trotzdem am Ende, der Fortschritt überrollt einfach alles, weil die riesigen Leuchtreklamen blinken müssen.

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