8. September 2012

DIE WUNDERBARE MACHT

Douglas Sirk (USA, 1954)
Douglas Sirk darf grade kräftig in seinem Grab rotieren, denn seine Filme werden momentan buchstäblich verscherbelt, keine Ahnung was dahintersteckt, aber man muss es eigennützig sehen und einfach zugreifen, wenn mal wieder was von ihm für knapp 3 Euro in der Buchhandlung herumliegt.
Sirk, der Melodrama-König und Tränenquetscher, die dick aufgetragenen Gefühle, die man schon an seinen Filmtiteln meilenweit riechen kann. Bei Hitchcock hießen die Filme zur gleichen Zeit "Psycho", "Die Vögel", "Vertigo", bei Sirk ist es immer prätentiös-monumental, wie etwa "So lange es Menschen gibt", "In den Wind geschrieben", "Was der Himmel erlaubt" etc. Man fühlt sich klein und ist gezwungen nach oben zu schauen.
"Die wunderbare Macht" reiht sich konsequent ein, Rock Hudson ist auch wieder dabei, dieses Mal als selbstsüchtiger Millionär Bob Merrick, der mit einem Schnellboot einen schweren Unfall hat, jedoch mit einem Wiederbelebungsapparat gerettet werden kann, wohingegen Dr. Phillips stirbt, der zur gleichen Zeit am anderen Ort den Apparat nötig hätte. 
Der von der Gesellschaft unbeliebte Merrick hat aber doch noch so etwas wie Schuldgefühle und versucht sich an Hellen, die Witwe des verstorbenen Arztes (Jane Wyman) zu nähern, die ihn jedoch abweist und in einer brenzligen Situation unter die Räder eines Autos kommt und dabei erblindet.
Das Sirk'sche Melodrama steigt ins Unermessliche, also muss Merrick aus der Patsche helfen, er sieht ein, dass er in seinem Leben nicht weiterkommt, wenn er jedes Problem mit einem ausgeschriebenen Scheck beseitigen will, er näherst sich wieder Hellen, um sie nicht zu verschrecken gibt er sich jedoch als jemand anderes aus. Da sie blind ist, kann er sich eine solche List erlauben. Die Liebe erblüht, Merrick meint es wirklich ehrlich und sie durchschaut bzw. erkennt ihn auch, doch trennt sich irgendwann wieder von ihm, weil sie ihm nicht zur Last fallen will. Die Zeit vergeht, sie erleidet einer Gehirnhautentzündung, kann aber gerettet werden, weil Merrick inzwischen sein Medizin-Studium wieder aufgenommen hat und zum Gehirnspezialisten wurde.
Der Film ist eine Riesenkonstruktion an unfassbarer Gefühlsduselei, man merkt es schon daran, wieviel man nacherzählen muss, damit das ganze Bauwerk nicht wieder in sich zusammenstürzt. Das gute an Sirk ist aber: so naiv die Geschichten auch sein mögen, mit wieviel Pathos sie auch erzählt werden und mit ihrer Moral jedes Mal im großen Stil durch die Tür fallen, so sind sie handwerklich doch noch so gekonnt gemacht, dass sie von vorne bis hinten unterhalten können. Jedes Genre braucht seinen Vater, damit die Söhne zu dessen Meister werden können.

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