27. September 2012

NÄCHTLICHE DIAMANTEN

Jan Němec (Tschechoslowakei, 1964)
Früher konnte man solche Dachbodenfunde wie "Nächtliche Diamanten" wenigstens noch auf TVP Kultura erwischen, der Sender verschwand jedoch spurlos, nun muss man bei osteuropäischen Leckerbissen auf die britische "Second Run DVD"-Reihe zurückgreifen, was durch den Raritätsfaktor das Sehvergnügen um so mehr steigert.
Jan Němec verfilmt hier die Vorlage von Arnost Lustig, bei dem es jedoch alles andere als "lustig" zugeht. Der Schriftsteller beschreibt darin seine eigenen Erfahrungen, als er aus einem Güterzug flüchten konnte, der ihn 1945 ins Konzentrationslager Dachau bringen sollte.
Im Film fliehen zwei Jungs aus einem Zug, der den gleichen, todbringenden Zielbahnhof ansteuert. Kaum serviert uns der Film seine ersten Bilder, schon sind wir mitten im Geschehen, die beiden rennen um ihr Leben und bald sind sie von der schwarzweißen Düsternis der Wälder umschlungen, wo sie alleine auf sich gestellt sind, immer weiter rennend, die Kamera klebt an ihren Fersen, fängt sie stets aus unmittelbarer Nähe ein, so dass der Zuschauer genauso wenig abschätzen kann, wie weit und ob überhaupt Verfolger hinterhereilen.
Die jungen Männer sind allen Wetterverhältnissen ausgesetzt, durchqueren, Wälder, Wiesen und felsigen Boden, aber auch die eigene Vergangenheit, die sich bruchstückhaft in Rückblenden immer wieder einschleicht. Die Füße schmerzen, die Ameisen krabbeln im Gesicht, der Hunger wächst, Brot und Milch werden von Bauern ergattert, bis die beiden schließlich einem deutschen Jagdverein in die Hände fallen. Die Lage spitzt sich zu, für die Jäger ist es eine Art Spiel, sie haben jetzt zwei Gefangene, die ihnen vollkommen ausgeliefert sind.
Aber man möchte ja nichts verraten. Jan Němec inszeniert vollkommen schnörkellos, verzichtet weitgehend auf Musik und und Dialoge; es ist eher der Blick des unsichtbaren Voyeurs, der niemals von der Seite seiner Opfer weicht. Mehr Nähe zum Geschehen geht kaum noch.

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