19. Januar 2014

THE BEST OFFER

Giuseppe Tornatore  (Italien, 2013)
Tornatore war am Anfang seiner Laufbahn so etwas wie der Fellini für die ganze Familie. Von diesem Image zwar längst weggekommen, bleibt er dennoch ein altmodischer Kauz, der sich am liebsten in seiner eigenen, nostalgischen Südländer-Idylle verbarrikadiert. Seine Geschichten sind bevölkert von kleinen Jungs mit großen Träumen, unerreichbaren Dorfschönheiten und fellinesken Sonderlingen. Alles dies wird von der Sonne Italiens angestrahlt und mit Ennio Morricones routinierten Klängen begleitet. Was das angeht, war sein vorheriger Film "Baarìa" fast unausstehlich, weil er da seinen südländischen Märchen-Blick stilistisch in bester Postkarten-Manie auf die Spitze trieb. Das ließ sich nicht mal bis zum Ende durchhalten.
Dieses Mal holt er sich den Australier Geoffrey Rush für die Rolle des Kunstexperten, Virgil. Ein Neurotiker, Einzelgänger, pedantischer Kenner seines Fachs und selbst großer Sammler. Irgendwann klingelt das Telefon und eine unbekannte Frau bittet Virgil, sich um den Verkauf der Kunstsammlung aus ihrem Familienbesitz zu kümmern. Zuerst desinteressiert gar genervt, weil die Frau immer wieder Ausreden hat, um ein persönliches Treffen zu vermeiden, begibt er sich schließlich doch zu der Villa, ist von der Sammlung fasziniert, lernt seine Auftraggeberin jedoch vorerst nicht persönlich kennen, bis das Geheimnis um ihre Existenz auf eine merkwürdige Weise doch noch preisgegeben wird. Die junge Frau (Sylvia Hoeks) leidet unter Agoraphobie, versteckt sich den Großteil ihres Lebens in Nebenräumen des großen Hauses und meidet jeden direkten Kontakt mit anderen Menschen.
Thematisch ein Feuerwerk, könnte man meinen, denn hier trifft ein melancholisches Märchen auf jede Menge Kunst und alten Plunder und eine scheinbar sonderbare, weibliche Hauptfigur, die sich die erste Hälfte des Filmes hinter einer Wand mit Gucklöchern verschanzt. Es gibt praktisch nur zwei Möglichkeiten: sie ist entweder grauenvoll entstellt oder eine überragende Schönheit und Tornatore entscheidet sich natürlich für die zweite Variante; so viel muss man leider ausplaudern, weil die sich bis dahin ankündigende Bilderbuch-Romanze plötzlich wirklich wahr wird. Aus dem menschenscheuen Schlossgespenst soll nach und nach eine weltgewandte, moderne Frau werden. Und sie lernt schnell; nicht nur aus ihrem eigenen Gefängnis herauszukriechen, aber natürlich auch, sich in Virgil zu vergucken. Zwei sensible Außenseiter finden zueinander, wie könnte es jemals anders enden.
Als wäre das noch nicht genug, eine Parallelhandlung gibt es auch noch: Während seiner ganzen Besuche in der Villa, sammelt der kauzige Virgil einzelne, umherliegende Teile eines uralten, mechanischen Menschen ein, die sein Freund und Tüftler, Robert (Jim Sturgess) langsam aber sicher wieder zusammenbaut. Neben bei: Jim Sturgess als attraktives Pendant zu J. Rush auszuwählen, ist eh ein sinnloses Unterfangen, wo doch der immer freundliche, junge Mann sowieso keine Bestrebungen macht, der mysteriösen Frau nachzulaufen. Genauso wenig passt er aber auch in die Rolle des bastelnden Eigenbrötlers, viel mehr ist er bloß eine Stütze für die Figur des Protagonisten, der sich bei ihm Ratschläge zum Thema Frau holen kann und ihm sein Seelenleben auf den muffigen Werkler-Arbeitstisch auskotzt.
Tornatore erzählt uns also wieder (ein) Märchen und setzt die üblichen Scheuklappen auf, um ja nichts von der Welt da draußen mitzubekommen. Und das schlimme ist: es bleibt trotzdem alles gewohnt unterhaltsam, obwohl man die ganze Zeit das Gefühl hat, er hätte selbst sein ganzes Leben lang, in einem hermetisch abgesicherten Zimmer verbracht. Sein verweichlichtes Herz und seinen archaisch-romantischen Blick behält Tornatore eben für immer.

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