18. Januar 2014

A SERIOUS MAN

Ethan Coen, Joel Coen  (USA, 2009)
Oder ist das der beste Coen-Film? Weil er alleine schon mit seinem allegorischen Prolog überraschen kann, wo in einem polnischen Schtetl, lange vor unserer Zeit, ein jüdisches Paar nachts von einem Gast besucht wird, über den man sich kurz zuvor gestritten hat, ob er wohl ein Dibbuk ist. Das ist allein atmosphärisch ziemlich interessant und ungewöhnlich. Draußen der Schnee im Dunkeln, die sparsam beleuchtete Behausung und der bärtige, alte Jude, der geisterhaft hereinplatzt.
Dann schwenken die Coens mehrere Jahrzehnte nach vorne und porträtieren von nun an die Leidensgeschichte des Mathematik- und Physikprofessors Larry Gopnik (Michael Stuhlbarg), auf den das Leben mit harten Schicksalsschlägen niederprasselt wie auf einen modernen Hiob. Er wird ebenso vor eine harte Prüfung gestellt: Seine Frau will sich von ihm scheiden lassen, sein Sohn kifft und hört Rockmusik, die Tochter klaut sein Geld für eine Schönheits-OP, ein südkoreanischer Student versucht ihn für eine bessere Note mit Geld zu bestechen und zu all dem gibt es noch seinen Bruder, der psychisch betrachtet auf wackeligen Beinen steht und sich öfters am illegalem Glücksspiel versucht. Larry steckt also mitten in einer zerschmetternden Lebenskrise; um endlich die nötigen Antworten auf all seine Fragen zu bekommen sucht er drei Rabbis auf.
Ein Mann sucht sich selbst, mitten in einer jüdischen Gemeinde im spießigen Kleinstadt-Amerika. Die Coens erzählen leise und bescheiden, doch dicht und ideenreich, ohne dass man am Inhalt ersticken würde. Sie stellen viele Fragen, verunsichern, überraschen, verweisen auf ihre eigenen, jüdischen Wurzeln und zeigen diese Welt in moderner Hülle, aber auch im alten Gewand. Sie lassen Damals und Heute aufeinanderprallen, wenn der ewige Rabbi hinter seinem von mystischen Gegenständen vollgestopften Schreibtisch den konfiszierten Walkman herausholt und an Larrys jungen Sohn übergibt.
Michael Stuhlbarg bleibt als gemarterter Held dieser verbitterter Welt eine Augenweide. Später wurde er in „Boardwalk Empire“ als Arnold Rothstein gemeingefährlich und blieb da als jüdische New Yorker Gangster-Legende seinen Wurzeln erneut treu.

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