21. Januar 2014

GROßE VÖGEL, KLEINE VÖGEL

Pier Paolo Pasolini  (Italien, 1966)
"Die Zeit von Brecht und Rossellini ist zu Ende" spricht die Krähe, der Begleiter unser beiden Helden und verweist damit auf den italienischen Neorealismus als matschigen gar geschmolzenen Schnee von gestern. Gleichzeitig erinnert die Odyssee des Vaters (Totò) und seines Sohnes (Ninetto Davoli) durch die italienische Provinz, an jenes ziellose Herumirren in den kargen Nachkriegslandschaften, wie man es gerade bei Rossellini, De Sica u.a. gewohnt ist. Bloß gab es damals keinen provokativen Symbolismus, wo plötzlich ein Vogel über politische, religiöse und existenzielle Themen debattieren würde, wie eben in "Große Vögel, kleine Vögel". Hier wird die Handlung sogar durch eine allegorische Erzählung über zwei Schüler des heiligen Franziskus im tiefsten Mittelalter, ergänzt.
Ein hübscher Film, der wunderbar fotografiert ist, weil Pasolini die Monotonie der Landschaft nutzt, um seine Geschichte optisch bestmöglich aufzuräumen. Aber gleichzeitig eine sehr harte Nuss, die er uns da zuschmeißt; sicherlich leichter zu knacken, wenn man als Italiener zur damaligen Zeit lebte, bzw. aufgewachsen ist. Vermutlich ist es auch derjenige Film, in dem Pasolini den Zeitraffer als stilistisches Mittel entdeckte, weil oftmals alles im stummfilm-rasanten Tempo beschleunigt wird, was der fellinesken Überzeichnung der Figuren zusätzlichen Ausdruck verleiht. Denn trotz erneut engagierter Themen, ist kaum einer seiner Filme dermaßen verspielt gewesen; der Komödiant Totò in der Rolle des Vaters bleibt da als Einfluss nicht unbedeutend.
Und wie Pasolini das mit der dressierten Krähe so gut hinbekommen hat, die stets an der Seite der beiden Wanderer spaziert, gleicht ohnehin einem noch viel größeren Wunder, als das thematisierte Bekehren von Vögeln zur Eintracht und Liebe.

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