16. Januar 2014

TATJANA

Aki Kaurismäki  (Finnland, 1994)
Genauso wie es der Automechaniker Reino (Matti Pellonpää) fertigbringt, kurz vor der Abfahrt mit seinem Freund Valto (Mato Valtonen), unnötige Autoteile herauszuschmeißen, nach dem er die Motorhaube öffnet, versteht es auch Kaurismäki, seine Handlung erneut aufs Wesentliche zu reduzieren und Überflüssiges gleich wegzulassen.
Hier ziehen zwei Finnen mit ihrem Wagen durch den Süden Finnlands, der eine trinkt Kaffee, der andere viel Alkohol, der eine schweigt, der andere redet. Der eine verschanzt sich im selbst erschaffenen Kokon, der andere bewahrt den letzten Funken Coolness im lässigen Schlaghosen-Outfit. Bloß das coole Auf-den-Boden-Spucken klappt noch nicht ganz; er besabbert sich dabei selbst.
Sie begegnen zwei Frauen, einer Russin und einer Estin (mal wieder Kati Outinen), die zum Hafen mitgenommen werden möchten. Man mag es kaum glauben, aber Kaurismäki schafft es beinahe jedes Mal, seinen Film mit einem davonfahrenden Schiff zu beenden; offensichtlich scheint Finnland ein Ort zu sein, den man schnell wieder verlassen möchte. Jedenfalls bilden die vier Reisenden eine ganz besondere Gruppe; die Frauen bemühen sich, kontaktfreudig und höflich zu sein, während die beiden Männer kaum eine der an sie gerichteten Fragen beantworten, sondern wie kleine Kinder schweigend auf den Boden starren, völlig überfordert vom anderen Geschlecht und den sprachlichen Barrieren. Reino kommentiert es schon bei der ersten Begegnung mit den Frauen: „Wer Russisch spricht, versteht sich selbst nicht.“
Kaurismäki erzählt dieses Mal in Schwarzweiß und bloß in knappen 60 Minuten Laufzeit, aber das scheint ihm völlig auszureichen, um dennoch eine voll funktionsfähige Geschichte erzählen zu können. Er schafft es vor allem nicht nur, vier Figuren beim schwerfälligen, gegenseitigen Herantasten zuzuschauen, sondern kann damit gleich die Verhältnisse dreier (Nachbar)Länder gegenüberstellen.

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