Roberto Rossellini (Italien, 1945)
Rossellinis Eröffnungsfilm zu seiner
Trilogie (die ich momentan blöderweise in unlogischer Reihenfolge
schaue) und gleichzeitig das Kernstück des Neorealismo, wenn auch
etwas überschätzt und bei Weitem nicht so schön, wie etwa De Sicas
"Fahrraddiebe".
Rossellini erzählt vom besetzten Rom,
im Sommer 1943, als sich verschiedene Gruppierungen aus Kommunisten,
Sozialisten und sogar ein Priester zum Widerstand gegen die Nazis und
die italienischen Faschisten verbündet haben. Die Sperrstunde
beherrscht das Kommen und Gehen von allen Beteiligten und der
Gestapo-Kommandeur Bergmann (Harry Feist) erschwert zusätzlich durch
seine Spionage-Aktionen, Hausdurchsuchungen und Verhaftungen das
Bestreben der Wiederständer, sich aus den Fängen der Besatzer
loszulösen.
Natürlich gibt es hier die großartige,
ewig zitierte Szene, wie die Nazis eine Razzia vornehmen und den
politisch verdächtigen Francesco verhaften. Er ist gleichzeitig der
Verlobte von Pina (Anna Magnani), was zu dem dramatischen Moment
führt, wie sie ihrem Geliebten flehend hinterherläuft, seinen Namen
ruft während man ihn abführt, und wie sie mitten auf der Straße
erschossen und gekonnt von der Kamera erfasst wird, während die
Dramaturgie auch in der Musik anschwellt. Sie fällt, ihr Kleid
rutscht hoch; Leben, Tod & Erotik für kurze vereint. Rossellini
und seine leicht wackelnde Kamera. Der Moment wird zwar nahe
heranholt, aber dennoch aus größerer Entfernung gefilmt; der
Regisseur gehört bloß zur gaffenden Menschenmenge am Straßenrand.
Die Bilder sind wieder mal zum Greifen
nahe und wir haben zumindest in dieser Szene den Realismus in
vollendeter Form, doch der Film besteht nicht nur aus diesem einzigen
filmischen Moment, der in gewisser Weise eh entkräftet wird, weil er
mit einer anderen Szene zusammentrifft, die den Film ins Klamaukige
überschwenkt: der kranke Großvater, der sich bei einer
Hausdurchsuchung weigert, einen Toten zu spielen und vom Priester mit
einer Bratpfanne bewusstlos geschlagen werden muss.
Don Pietro Pellegrini bleibt ohnehin
die Figur, die man am meisten ins Herz schließen möchte. Er ist der
allzeit beschützende und Trost spendende Geist, der am Ende doch
nichts ausrichten kann und in der schockierenden Schlussszene
exekutiert wird.
Unvergesslich bleibt noch die starke
Dialog- bzw. Monolog-Sequenz, als sich ein deutschen Offizier in
Anwesenheit anderer hoher Nazi-Tiere kritisch über die deutsche
Herren-Rasse äußert, weil der Deutsche als Verantwortlicher für
den Weltkrieg in ganz Europa sowieso bloß gehasst werden kann.
Trotz ergreifender Einzelschicksale und
zwischenmenschlicher Tragödien, erweckt der Film dennoch den
Anschein, dass viel zu viele Uniformierte, das Geschehen beherrschen,
die mit verdächtigem Blick an ihren Schreibtischen sitzen. "Rom,
offene Stadt" bleibt daher irgendwie ein kühles und strenges
Werk, oftmals viel mehr ein unmittelbares Zeugnis der Kriegszeit, als
das, was er vielleicht wirklich sein möchte.
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