4. Juli 2013

DIE VÖGEL

Alfred Hitchcock  (USA, 1963)
Dass man noch über solche Filme schreiben muss, die eh schon zu Tode gequatscht als plakative Ikonen und unvermeidliche Vorzeigeklassiker das Film-Terrain als Solches längst verlassen haben, um sich als Kulturphänomen auch in anderen Sphären breit zu machen... So was hätte man kaum für möglich gehalten, und doch ist es so: Dieser Film lief letztens wieder und man schaute wie gebannt wieder hin.
Hat man „Die Vögel“ seit langer Zeit nicht mehr gesehen, wird der Blick darauf ganz anders, wenn man sich zwischendurch mit Hitchcocks restlichen Gesamtwerk befasst hat, das vor Themenvielfalt und Ideenreichtum nur so überquillt. Gemessen an seinem Œuvre ist Hitchcocks Vogel-Thriller doch bloß ein Experiment oder Schabernack. Als Zuschauer ist man knapp zwei Stunden hin- und hergerissen zwischen einem apokalyptischen Animal-Horror, einer spröden Liebesgeschichte und einer aufdringlichen Charakterstudie, irgendwo zwischen geiernden Eifersüchteleien und einem Ödipus-Komplex, der einmal geleugnet wird, um im nächsten Gespräch, oder besser: dem nächsten Um-den-heißen-Brei-Gerede wieder bestätigt zu werden.
Die Frage bleibt am Ende natürlich: was wollen die Vögel überhaupt, oder was wollen wir von den Vögeln? Soll man es als Vergeltungsakt der vom Menschen ausgebeuteten Natur betrachten, wenn ganze Scharren von ihnen sich aggressiv auf die Schulkinder hinabstürzen und dem Nachbar die Augen herauspicken, oder nutzt der Regisseur all dieses Geflatter als Stimmungsbarometer für die persönliche Tragik und Entwicklung der Figuren und deren Probleme?
Metaphern mit Schnäbeln und Federn? Eigentlich will man das doch gar nicht, weil es ja unübersehbar ist, dass Hitchcock hier viel zu viele verschiedene Geschichten bündelt, statt lieber seine Figuren sparsamer mit Gefühlen und tiefgründigeren Lebensläufen auszuschmücken, um den Kampf zwischen Mensch und Tier in den Vordergrund zu stellen. Oder wäre das wieder zu einfach, zu oberflächlich zu sehr B-Movie? Aber das ist er ja eh schon mit seinen ständigen Rückprojektionen und Tippi Hedrens Erscheinen als das einer unsympathischen, pelztragenden Edel-Dame, deren makellose, streng sitzende Haarpracht wie dafür gemacht ist, um von Krähenschnäbeln verwüstet zu werden.
Dann ist es fast nicht mehr verwunderlich, wenn man am Ende feststellen darf, wie viele bessere Filme es von Hitchcock gibt.

Keine Kommentare: