16. Juli 2013

DEUTSCHLAND IM JAHRE NULL

Roberto Rossellini  (Italien, 1948)
Bevor dieser Film das Licht der Leinwände erblickte, gab es bereits mit "Rom, offene Stadt" und "Paisà" zwei Vorläufer von Rossellinis sogenannter Kriegs-Trilogie, deswegen ist es auch etwas unsinnig, das Pferd von hinten aufzuzäumen, aber nun ist es zu spät und sein Berlin-Film wurde kürzlich als erstes (wieder)gesichtet.
Der italienische Neorealismus will sich bekanntlich ungern mit dem Genre des Trümmerfilms auf eine Ebene stellen, aber "Deutschland im Jahre Null" ist nun mal beides: er ist ein Rossellini-Film, eine italienische Produktion und erzählt in Bildern, die zum Greifen nahe sind, vom Menschsein nach dem Krieg, was ihn automatisch zum Neorealismus hinüberhievt. Da Rossellini das zerbombte Berlin zu seiner Kulisse macht und lauter deutsche Darsteller sogar im O-Ton sprechen lässt, wird der Film aber auch automatisch zum typischen Trümmerfilm, wie man sie zur damaligen Zeit gerne in Deutschland drehte.
Aber weshalb überhaupt an so etwas trivialem wie am Genre zweifeln? Lieber gleich paar Worte zum Inhalt verlieren. In Mitten all dieser architektonischen und menschlichen Trümmer lernen wir den kleinen Edmund kennen. Er ist so etwas wie das Sinnbild für die gescheiterte Vorzeigegeneration des Dritten Reichs, der einst zu Deutschlands junger Hoffnung für eine glorreiche Zukunft dazugehörte und nun zwischen verfallenem Gemäuer herumlaufen muss. Edmund ist außerdem Laufbursche, der alles regelt und regeln muss und sämtliche Figuren dieser Geschichte miteinander vereint. Er wird mit Tauschgütern zum Schwarzmarkt geschickt, soll von seinem ehemaligen (und leider pädophilen) Lehrer eine Schallplatte mit Hitler-Geplapper den Alliierten verhökern und letztendlich ist er auch derjenige, der seinen eigenen Vater in dessen Sterbebett vergiftet, weil sich schon mehrere Hausbewohner seinen Tod längst herbeigesehnt haben. Da Edmund, diese Sünde mit sich trägt und ansonsten überall abgewiesen wird, irrt er irgendwann nur noch alleine durch die zerbombten Fassaden, bis einem tragischen Ausklang nichts mehr im Wege steht.
Rossellinis Film ist schon allein auf Grund seiner stark abgenutzten Kopie so authentisch wie er nur sein kann; die Bilder zerfallen selbst zu Asche und Staub und bei jedem Laut muss man die Ohren aufstellen, um ja keinen Satz in diesem O-Ton-Sumpf zu verpassen. Letztendlich bekommen wir durch einen pessimistischen Blick eingetrichtert, dass Deutschland noch lange Zeit brauchen wird, um sich von den Wirren des Krieges zu erholen und seine Städte von all dem Schutt aufzuräumen. Um so schwerer wird es die junge Generation haben, wenn sie sich von den Trümmern befreien und wieder auf die Beine stellen soll. Der Filmtitel erklärt ohnehin alles.

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