30. September 2013

NUR DIE SONNE WAR ZEUGE

René Clément  (Frankreich, 1960)
Sonne, Meer, Italien, Alain Delon, Marie Laforêt. Hört sich eher nach einem erholsamen Urlaub an, als nach einer Verfilmung von Patricia Highsmiths hinterhältigem Roman, voller Blut und fieser Machenschaften. Die ganze Thematik um die Figur des Tom Ripley wurden nach Cléments Version noch einige Male durch den filmischen Fleischwolf gedreht, wobei eigentlich immer etwas Interessantes herauskam. Anthony Minghella verfilmte den Stoff unterm Originaltitel („De talentierte Mr. Ripley“), Wim Wenders näherte sich dem Fortsetzungsroman mit seinem "Der amerikanische Freund", ebenso wie Liliana Cavani mit "Ripley's Game", der jedoch eher fade als überzeugend ausfiel.
Cléments Film liegt nun einige Jahrzehnte zurück und man kann ihn getrost als das das Original bezeichnen; ein Werk, das außerdem den nicht unbedeutenden Nebeneffekt hatte, Alain Delon bekannt gemacht zu haben.
Es dreht sich alles um den verwöhnten Philippe Greenleaf (Maurice Ronet), der mit seiner Freundin Marge (Marie Laforêt) ein paradiesisches Leben in Italien führt. Der reiche Vater wünscht sich jedoch den Sohn in seiner Nähe und beauftragt Tom Ripley (Alain Delon), seinen Sprössling in die USA zurückzuholen. Nachdem Tom einige Zeit mit Philippe und seiner Freundin im sonnigen Italien verbringt, denkt er gar nicht mehr daran, den jungen Mann von der Rückkehr zu überzeugen; er wittert selbst das große Geld und heckt einen eigennützigen, perfiden Plan aus.
Es folgt die berühmt berüchtigte Bootsfahrt mit katastrophalem Ausgang, nach der Ripley schließlich Greenleafs Identität annehmen kann, um dessen luxuriösen Lebensstil selbst auszukosten. Je nachdem, mit wem er es im weiteren Verlauf der Geschichte zu tun hat, er muss ständig die Rollen wechseln, von Tom Ripley zu Philippe Greenleaf, oder andersherum. Wer sich ihm doch in den Weg stellt und seinem Doppelleben auf die Schliche kommt, der wird kaltblütig beseitigt. Ripley ist ein Meister der Verwandlung und der Imitation, ein perfekter Fälscher, Verfasser von fiktiven Nachrichten, der schließlich sogar Zugang zu großen Geldsummen bekommt, die ihm nicht gehören.
Für diese Figur, die aus jeder brenzligen Situation stets einen letzten Ausweg findet, läuft es immer wie am Schnürchen. Als Zuschauer wartet man nur noch auf den Augenblick, in dem sich Ripley  endlich im Netz verfängt, wo er für seine faulen Tricks endlich büßen muss.
Vergleiche man Cléments Film mit Minghellas Version (den Roman kenne ich leider nicht), könnte man behaupten, dass Minghella sich ausgiebiger mit den Zusammenhängen zwischen den einzelnen Figuren, mit deren Vorgeschichten, gar mit ihrem Seelenleben beschäftigt und Tom Ripley noch besser als menschliches Chamäleon dargestellt wird. Clément legt dagegen den Fokus ziemlich eindeutig auf den rastlosen Krimi- bzw. Gangster-Faktor der Thematik. Ihn interessiert eher die Verfolgung, das Katz und Maus-Spiel und der weitgehende Verzicht auf Dialoge, zugunsten einer beinahe dokumentarisch angelegten Hetzjagd vor Italiens Postkarten-Impressionen. Vielleicht haften wir deswegen hier als Zuschauer viel direkter an Ripleys Fersen.

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