5. September 2013

SOPHIE SCHOLL

Marc Rothemund  (Deutschland, 2005)
Wenn man schon letztens "Napola" gesehen hat und auch wieder einen Blick in Hitlers Bunker werfen durfte ("Der Untergang"), muss (bzw. kann) man sich auch mal wieder mit "Sophie Scholl" befassen. Marc Rothemund erzählt uns nichts Neues, aber immerhin erzählt er etwas, oder aber man kann es zumindest interessant finden, auch mal dieses Kapitel des Nationalsozialismus filmisch aufzuschlagen.
Sofort geht es los, Schlag auf Schlag, ohne Erbarmen: Im Untergrund tobt die Maschinerie, bzw. die Druckpresse, die Geschwister Scholl samt Komparsen, drucken ihre Flugblätter und verteilen dann zu zweit (Sophie & Hans) den ganzen Ballast, der sich gegen das nationalsozialistische Regime richtet. Sie sind sichtlich angespannt, weil der Koffer voll mit den bedruckten Blättern ist, um so leerer die endlosen Korridore der Münchener Universität, vor deren geschlossene Türen sie die Zettel verteilen. Den letzten dicken Stapel schiebt dann Sophie vom Geländer herunter. Ein hübscher filmischer Moment, wie die einzelnen Blätter da so in der Luft hin- un herschweben, bis sie unten in der Halle ankommen.
Sophie und Hans versuchen sich dann im plötzlich aufkommenden Gedränge diskret zurückzuziehen, während die erstaunten Studenten die Flugblätter aufheben. Doch die beiden Geschwister werden zum großen Bedauern gefasst; ausgerechnet von dem tölpelhaften Hausmeister, ein Aggressor und offensichtlicher Unterwürfiger des Regimes. Da wird einem Angst und Bange, wenn man bedenkt, dass dank solch fanatischer Knechte der ganze Nationalsozialismus prachtvoll gedeihen durfte.
Das weitere Schicksal der Geschwister kennt man. Marc Rothemund lässt anschließend Hans Scholl in einem uns verwehrten Verhörzimmer zurück und konzentriert sich lieber auf Sophie, wie sie bei Gestapo Ermittler, Robert Mohr psychologisch ausgesaugt wird, wie sie ihn zuerst bestens an der Nase herumführen kann, bis sie geradewegs in eine Sackgasse geführt wird und im weiteren Kammerspiel kleingeprügelt wird. Julia Jensch macht ihre Sache dabei ganz ordentlich.
Interessant ist anschließend der völlig absurde Schauprozess, bei dem die Scholls und Christoph Probst längst menschlich entwürdigt, auf wackeligen Beinen ihren letzten Stolz aufrecht zu erhalten versuchen, während der herrische Nazi-Richter tobt und kocht und mit seiner aggressiven, offensiven Art jeden Zwischen- und Gegenruf zu einem kläglichen Mäusepiepen schrumpfen lässt.
Rothemund gestaltet seinen Film klaustrophobisch, wo die Figuren von den kleinen, in dunklen Farben gehaltenen Räumen beinahe erdrückt werden. Nur der Gerichtssaal kurz vor Schluss erscheint wieder ein bisschen größer, fast befreiender, nur um die drei Angeklagten anschließend wieder in den labyrinthischen Gängen geradewegs in die Todeskammer zu führen, wo schon die Henker im schicken Frack und Zylinder warten.
"Da wo wir heute stehen, werdet ihr bald stehen!" bleibt einer der Sätze, die nachhallen, weil es Hans Scholl damit gelingt, den ganzen Nazi-Schergen wenigstens für kurzen Augenblick die Augen zu öffnen. Zumindest hofft man, dass es irgendwo in den vermoosten Gehirnen ankommt.
Ein schön gewordener, kompakt erzählter Film, bloß wird der Gestapo-Mohr als ein recht merkwürdiger Kerl dargestellt. Denn ein Versucht, ihm Menschlichkeit einzuhauchen, gar menschliche Schwäche anzudeuten und ihn mit Sophie ein Gespräch über die Existenz Gottes beginnen zu lassen, ihn also ansatzweise angreifbar zu machen... damit wird er zwar als Marionette bloßgelegt, aber das ist dann doch zu nahe an den schwülstigen Hollywood-Methoden.

Keine Kommentare: