12. September 2013

DER SMARAGDWALD

John Boorman (Großbritannien, 1985)
Wir erinnern uns an alte Zeiten: John Boorman hat während der New Hollywood-Phase den sehr guten "Beim sterben ist jeder der erste" gedreht und bewies dort ein Händchen für die Thematisierung des Menschen, der sich in der Natur behaupten muss. Es kann also nicht all zu viel schief laufen, wenn er sich Jahre später mit einer anderen Geschichte in den südamerikanischen Urwald begibt. Denkt man zumindest.
Der große Bauunternehmer Bill Markham (Powers Boothe) geht mit seiner Frau und seinem Sohn Tommy nach Brasilien zur Baustelle eines gigantischen Staudamms, dessen Errichtung von ihm geleitet wird. Nachdem der kleine Tommy einen Fuß in den Busch setzt, wird er von Indianern entführt, dem sagenumwobenen "unsichtbaren Volk", das komplett abgeschottet im Urwald lebt. Jahre vergehen, vom Sohn fehlt immer noch jede Spur, der Staudamm ist längst fertig und der Vater begibt sich erneut auf die Suche nach Tommy, der inzwischen selbst "Indianer" wurde, (bzw. ein indianisch angehauchter Weißer) und von nun an auf den Namen Tommé hört. Der junge Mann ist mit dem Dschungel und dem Volk der Unsichtbaren fest zusammengewachsen und denkt gar nicht daran, seinem Vater in die zivilisierte Welt zu folgen. In seinen Träumen taucht sein leiblicher Vater jedoch seit seiner Kindheit auf.
Der Film weist also auf die Existenzberechtigung einer aussterbenden Kultur und klammert sich an unseren Erdball, der mit jedem abgeholzten Baum der Regenwälder ökologisch ausgeschlachtet wird. Engagierte Thematik also, aber warum durstet die Handlung bloß nach so viel Abenteuerdrang und schwächelt so ungemein in der Inszenierung und im Drehbuch?
John Boorman wirft durch diverse, filmische Missgeschicke leider viele unnötige Fragen auf, dabei erwartet man von einem ernstzunehmenden Thema auch einen gewissen Anteil an filmischer Logik: Denn warum wird der Sohn nicht entführt, als er dem unsichtbaren Volk schon zum ersten Mal begegnet, sondern erst nachdem er zum zweiten Mal mit seinem Vater ins Dickicht hineinläuft und dieser gerade dabei ist, wieder zurückzulaufen? Warum wird bei der Entführung ein warnender Pfeil abgeschossen, der im Baum stecken bleibt und dem Vater Angst einjagen soll, aber gleichzeitig ein Beweisstück für die Existenz eines Volk ist, das im Verborgenen bleiben will? Warum müssen ganze 10 Jahre vergehen, bevor sich der Vater wirklich aktiv auf die Suche nach seinem Sohn begibt? (Ausreden mit zu-viel-zu-tun-gehabt gelten nicht!) Warum wird der verlorene Sohn dermaßen spannungslos eingeführt, in dem wir ihn viel eher in seiner neuen Gestalt zu Gesicht bekommen, als sein eigener Vater? Warum bleibt Tommé, nach einem festgefahrenen Hollywood-Muster, im gesamten Verlauf der Geschichte ein unzerstörbarer Superheld, der niemals von gegnerischen Pfeilen und Gewehrsalven getroffen wird? Und auch wenn der Film auf Tatsachen beruht, könnte man dennoch die Frage stellen: Warum wird er überhaupt entführt, am Leben gelassen und von Menschen großgezogen, die allem was fremd ist, vorsichtig gar feindlich gegenüber stehen? Das könnte man noch so weiterführen. John Boorman halst uns viel zu viele, unnötige Fragen auf, die in einem halbwegs vernünftigen Film nichts zu suchen haben.

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