26. September 2013

SCHIFF NACH INDIALAND

Ingmar Bergman  (Schweden, 1947)
Man staunt nicht wenig, wenn in der Anfangssequenz ein großes Schiff in einen Hafen hineinfährt (leider bloß ein Bergman-unwürdiges Spielzeug-Model) und sich der Großteil der Geschichte auch auf einem Bergungsschiff  abspielt, wo Kapitän Alexander Blom (Holger Löwenadler) mit seiner Frau und seinem Sohn Johannes (Birger Malmsten) lebt und arbeitet. Da drängelt sich beinahe schon der Existenzialismus früher italienischer Filme vor, wenn Bergman seine Figuren im Arbeiter-Milieu anlegt, auch wenn hier der Vater/Sohn-Konflikt im Vordergrund zu stehen scheint.
Der Film setzt erstmal zeitlich einige Jahre später an, als Johannes zum Marineoffizier aufgestiegen ist und beim Besuch seines Heimatortes über Sally (Gertrud Fridh) stolpert, die er früher mal kannte und die der Zuschauer auch bald kennenlernen darf. Denn schon überstürzen sich in einer ausgiebigen Rückblende die Ereignisse und vor allem die Erinnerungen an alte Zeiten: Johannes' Vater, ein Tyrann von einem Schiffskapitän, lernte damals Sally als Tänzerin bei einer Varieté-Vorstellung kennen, schleppte sie auf sein Schiff mit und musste sie natürlich zuerst seiner Ehefrau bekannt machen, die ebenfalls an Bord war. Da er in kommender Zeit zu erblinden drohte, beschloss er ein neues Leben anzufangen, das vertraute Schiff und die vertraute Familie zu verlassen, um mit Sally durchzubrennen und endlich etwas von der Welt zu sehen, bevor die Lichter für immer ausgehen würden. Sein eigener Sohn, Johannes war für ihn immer bloß ein verachtungswürdiger Schiffsmaat, schwach, buckelig und nutzlos. Dieser verguckte sich jedoch ebenso in die heißblütige Varieté-Tänzerin, die dann zum Spielball zwischen den beiden Männern wurde und den brodelnden Generationskonflikt nicht gerade milderte.
"Schiff nach Indialand" ist ein Bergman-Film, der einem zum ersten Mal das Gefühl gibt, dass sogar ein Film des großen Schweden von einer dicken Staubschicht überzogen sein kann. Ihn davon zu befreien, fällt äußerst schwer, denn wenn es auch Konflikte zwischen den Figuren zu geben scheint, nimmt der spezifische, für Bergman hier so untypische Handlungsort eine zu wichtige Rolle ein. Ein statisches Schiff, das zu sinken droht, reicht da leider kaum für eine tragende Symbolik und der Arbeiter-Realismus ist irgendwie präsent, obwohl er kaum thematisiert wird. Meinungsverschiedenheiten, die Bergman sonst mit Nahaufnahmen, Kameraumkreisungen, Dialoggefechten und tragischen Gesichtern meistert, äußern sich hier in schüchternen Ohrfeigen und angedeuteten Seemanns-Raufereien. Ein viel zu zaghafter Film, aber danach wurde ja alles (viel) besser.

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