18. Juni 2013

SATANSBRATEN

Rainer Werner Fassbinder  (Deutschland, 1976)
Fassbinders einzige Komödie, wenn man sie überhaupt in dieser Genre-Ecke abstellen möchte, ist tatsächlich ein wahrhafter Satansbraten, der da unter hoher Gradzahl im überhitzenden Ofen schmort. Das ist nicht nur witzig, sondern vor allem teuflisch, weil es gerne und oft ins Geschmacklose, Unappetitliche, Vulgäre, vollkommen Überzeichnete und Absurde überschwappt. 
Kurt Raab (facettenreich und egozentrisch wie sonst kaum!) brilliert in diesem diabolischen Albtraum als Dichter Walter Kranz, der ganz tief in einem kreativen Loch kauert und dessen Schaffenskrise von Schulden, einer lärmenden und unbefriedigten Ehefrau (Helen Vita) und einem schwachsinnigen Bruder (Volker Spengler) vervollständigt wird.
Kranz ermordet seine reiche Geliebte und die dichterische Kreativität blüht allmählich wieder auf, bis er der Wahnvorstellung verfällt, er wäre Stefan George, der deutsche Lyriker des 19. Jahrhunderts, mit dem er sich so weit identifiziert, dass er sich dessen Anzug maßschneidern lässt und bei Kerzenlicht vor einem bezahlten Anhängerkreis seine Gedichte vorliest.
Margit Carstensen ist auch dabei, als entzückte Verehrerin, sowie Brigitte Mira mit weißem Haar, als Walter Kranzs Mutter, in einer kleinen Szene, in der es lediglich darum geht, die armen Eltern finanziell (und menschlich) auszunehmen.
Kranz verfährt mit allem und allen irgendwann vollkommen schonungslos und gefühlskalt, bis er völlig größenwahnsinnig wird und faschistische Ideen in ihm zu keimen beginnen. Somit kann einer Satire auf den selbstverliebten Überkünstler und selbstsüchtigen Schöpfer nichts mehr im Wege stehen.
Fassbinder erzählt mit einem draufgängerischen Tempo, verschont nichts und niemanden und entwirft dabei eine überstilisierte Welt, in der man kein alltägliches, menschliches Verhalten erwarten kann. Damit hätte er vielleicht den Grundstein für eine neue Art der schwarzen Komödie/Satire legen können, für die er mit Sicherheit genug Talent aufbringen könnte, um sie in weiteren Filmen zu perfektionieren.

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