15. Juni 2013

FRANTIC

Roman Polanski  (USA, Frankreich, 1988)
Diese ganzen obligatorischen Hitchcock-Verbeugungen, vor denen kaum ein Filmemacher zurückschrecken kann, müsste man eigentlich schon zu einem Subgenre ernennen. Polanski hatte seinen Beitrag damals Ende der 80er mit "Frantic" geleistet, wo er sich sogar schon mit dem Filmtitel vorzüglich in die typischen 1-Wort-Titel von Hitchcock einreiht. Der Titel hält ja auch was er verspricht, weil Harrison hier kräftig durch Paris durchgeprügelt wird und es bleibt ja auch durchwegs spannend, was einer solchen Verbeugung Genre-gerecht zu Gute kommt.
Ford spielt hier einen amerikanischen Arzt, der zusammen mit seiner Frau zum Kongress nach Paris fährt. Und Polanski wartet gar nicht lange, bietet nicht mal Zeit und Möglichkeit, die Koffer auszupacken, weil es bereits mit dem Gepäck Probleme gibt und das Ehepaar sofort vor einem falschen Koffer dasteht, der scheinbar am Flughafen vertauscht wurde. Selbst eine Duschszene darf nicht fehlen, jedoch nicht als Kulisse, um jemanden darunter kaltblütig zu ermorden, sondern um die eigentliche Handlung im Off geschehen zu lassen, während das Wasser aus dem Duschkopf plätschert. Fords Ehefrau verschwindet nämlich währenddessen spurlos und wird im weiteren Verlauf der Geschichte von ihrem Gatten verzweifelt gesucht, der hilflos durch das ihm völlig fremde Paris umherirrt. Anfangs sucht er Hilfe bei der französischen Polizei und der amerikanischen Botschaft, merkt aber schließlich, dass er bei der Suche nach seiner Frau viel rascher ans Ziel gelangen kann, wenn er allein auf sich gestellt ist. Vor allem als beim Öffnen des fremden Koffers verschiedene Gegenstände ans Tageslicht kommen, die ihn an immer unbekanntere und gefährlichere Ort bringen. Am Ende geht es um die Beschaffung eines Bauteils für nukleare Sprengsätze, gegen den die Entführer Harrison Fords Ehefrau austauschen wollen.
Weder ein Polanski- noch ein Hitchcock-Film kann jedoch glaubhaft und fesselnd genug seine Geschichte erzählen, wenn man die weibliche Figur sofort am Anfang verschwinden lässt. Als Ersatz gibt es aber hier die von Polanski mal wieder entdeckte und sogar kurz danach zur Frau genommene Emmanuelle Seigner. Hier als Schmugglerin und so etwas wie eine auf den Kopf gestellte Femme Fatale, aber vor allem das übertriebene, stets knapp bekleidete Objekt der Begierde, nach dem sich Zuschauer und vor allem Harrison Ford die Finger lecken soll.
Viel mehr ist da auch nicht, außer dass der Film von Jahr zu Jahr altert und die Eigenwilligkeit der 80er Jahre immer deutlicher zum Vorschein kommt, so dass man sich fragt, ob er durch den Retrolook immer cooler, oder eher immer peinlicher wirkt. Polanski übertreibt es auch gerne mit der unfreiwilligen Komik und man kommt wieder ins Grübeln, ob das wohl an ihm selbst liegt, an Harrison Fords Klamaukigkeit oder an dem Versuch, sich erneut an Hitchcock klammern zu wollen, der ja auch gerne dick aufgetragen hat, um dem Zuschauer mit dem Unterhaltungsfaktor des Genres in comichaftem Überschwang entgegenzuspringen.

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