25. Juni 2013

NAPOLA – ELITE FÜR DEN FÜHRER

Dennis Gansel  (Deutschland, 2004)
Der "neuere" neue Deutsche Film hat vor ein paar Jahren mal wieder gerne die alte Nazi-Zeit aus dem Regal rausgeholt; Julia Jensch kam als Sophie Scholl ins Rampenlicht und Bruno Gans durfte sogar in des Führers Klamotten schlüpfen und im muffigen Bunker auf und ab laufen.
Dagegen gab es irgendwie noch nie etwas filmisches über die Napola. Hat leider nichts mit Spaghetti Napoli zu tun, sondern viel mehr mit der Nationalpolitischen Erziehungsanstalt, wo gründlich ausgesiebte Jungen eintreten durften und zur Elite für den Führer ausgebildet wurden, wie es der Zusatztitel zum Film schon prophezeit.
Dennis Gansel (den Namen könnte man sich unter Umständen merken) ließ sich für diese fiktive Geschichte von den Erzählungen seines Großvaters inspirieren und plauderte außerdem fleißig mit lebenden Zeitzeugen, die ebenfalls zur Napola dazugehörten. Wie überzeichnet das Produkt letztendlich ausgefallen ist; da könnte man natürlich auf eigene Faust weiter nachforschen, oder es sein lassen und den Film als solide Skizze jenes Phänomens betrachten, die immerhin einen unterhaltsamen Film garantiert.
1942 wird der 17-jährige Friedrich (Max Riemelt) gegen den Willen seines Vaters in eine solche Anstalt aufgenommen, weil ihn ein Napola-Boxlehrer zuvor beim Kampf gesehen und ihm sofort Honig ums Maul schmieren konnte. Der Junge nimmt das Lob als große Chance wahr, lässt sich sofort von nationalsozialistischen Phrasen, den vorgegaukelten, glorreichen Zukunftsaussichten und der vorbildlich organisierten und protzig ausgestatteten Anstalt völlig in den Bann ziehen.
Die Napola-Festung erweist sich jedoch schnell als stahlharte Kämpfer-Schmiede, wo die Schwachen niedergetrampelt und ausgemerzt werden sollen. Welche fatale Zielsetzung und Ideologie dahintersteckt, wird Friedrich erst richtig bewusst, als er den übersensiblen "Schöngeist" Albrecht kennenlernt, der als Sohn eines Gauleiters gezwungenermaßen die gleiche Ausbildung über sich ergehen lassen muss, auch wenn er sich eher mit Schreibfeder als mit der Waffe in der Hand sieht. Was folgt ist die Geschichte dieser aufkommenden Freundschaft und Friedrich bekommt die Funktion eines tragischen "Augenöffners", der sein Umfeld und schließlich auch den Zuschauer wachrütteln soll
Der Traum bekommt also einen herben Beigeschmack und entpuppt sich zunehmend als direkter Weg ins Verderben, bei dem man am Ende weniger als strahlender Held sondern als geschulte, kaltblütige Killer-Maschine herauskommen soll.
Dennis Gansel hat sogar einige symbolträchtige Szenen auf Lager, wenn etwa der despotische Sportlehrer als Beweis seiner Stärke von Friedrich einen Fausthieb in die Magengegend verlangt, sich aber anschließend voll Schmerzen krümmt und eher taumelnd nach Luft ringt als eiserne Stärke beweist. Ein Schlag, der den gesamten Nationalsozialismus blitzartig demaskiert und entblößt.
Das ist auch die einzige Szene, in der die SS-Schergen bestraft oder gerächt werden, denn darum geht es dem Regisseur auch gar nicht. Er zeigt lieber, wie man unter ihnen zerbricht, wie man in ihrer Hand einen sinnlosen Heldentod stirbt, zu einem feigen, verachtungswürdigen Selbstmord getrieben wird, oder den eigenen Traum aufgibt, weil der Weg zum Ziel falsch gar verbrecherisch erscheint.
Kein dummer Film also, wenn doch bloß die Mittel anders wären und Dennis Gansel den Bogen nicht all zu oft überspannen würde, was leider gerne passiert und das Werk in so manch einer dramatischen Szene zwischen jungfräulicher Tv-Film-Tauglichkeit und üppigem Hollywood-Kitsch hin- und hergeschubst wird.

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