30. Oktober 2012

DER SCHIMMELREITER

Curt Oertel & Hans Deppe (Deutschland, 1933)
Vor einiger Zeit noch irgendwo auf Sylt unter einem Theodor-Storm-Straßenschild gestanden, dabei zurückgedacht an die alte Schulzeit, als man sich mit der Schimmelreiter-Thematik auseinandersetzen musste, ob man nun wollte oder nicht, und da plötzlich: die Oertel&Deppe-Variante winkt einem entgegen und das ist schön, weil die 80er-Verfilmungen nicht so besonders waren, schlecht und unerträglich sogar, wenn die Erinnerung nicht täuscht.
Doch wenn man bereits in den 30er Jahren die Geschichte um den Deichgrafen Hauke Haiens filmisch bebildert, dann wirkt das schon mal ein wenig authentischer, weil es wenigstens zeitlich ein bisschen näher am Originalwerk ist, auch wenn da immer noch ein halbes Jahrhundert dazwischenliegt.
Die Nordfriesen plagen sich seit Menschengedenken mit der Naturgewalt des Meeres, die Deiche sollen sie schützen, wo sie doch schon vor Alter zerkrümeln und der Boden schon längst von Nagetieren untergraben wurde. Und Theodor Storm ergänzt alles durch einen Spuk, das alte Pferdegerippe, das draußen im Sand und Nebel herumliegt und im Aberglaube der Dorfbewohner zum Leben erwacht. Hauke wird dann auch hinter seinem Rücken als Schimmelreiter bezeichnet, sein Ross hat er vom Teufel, dessen sind sich die Einheimischen ganz sicher. 
Der Deichgraf ist aber vor allem ein Mann der Wissenschaft, der bis tief in die Nacht an seinem neuen Deich herumtüftelt und ihn schließlich auch unter strengem Kommando und fester Überzeugung bauen lässt. Hauke ist eben ein disziplinierter Führer, ein bisschen geheimnisvoll und dämonisch, der mit eisernem Willen seine Ziele verfolgt und auch umsetzt; er hat nicht nur die Leute in seiner Hand, sondern will vor allem auch gegen die Wogen des Meeres ankämpfen. Ein heldenhafter Mann mit klarem Ziel vor Augen; was bleibt einem anderes übrig, als wieder mal die alten Nazis zu erwähnen, die hier kräftig Beifall geklatscht haben mussten; Hauke ist ja auch ein Mann, der später sogar für sein "Volk" in den Tod geht. Aber das ist alles unwichtig, wenn man die Bilder sieht, und die sind wahrhaft groß; Himmel und Wasser dominieren stets den Kamerablick, der Mensch bleibt winzig und unterlegen, auch wenn es die Kamera öfters mal versteht, aus voller Nähe entlang der vielen Dorfgesichter entlangzufahren, was irgendwie ungewöhnlich und innovativ für die damalige Zeit gewesen sein muss. Optisch wird es hier jedenfalls nie langweilig, auch wenn der Film mit dem wuchtigen Finale deutlich abschwächt, weil die Tricktechnik noch in den Kinderschuhen steckte und man das Naturphänomen des Sturmes nicht als ein solches voll und ganz genießen kann.

Keine Kommentare: