5. November 2012

DER PIANIST

Roman Polanski (Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Polen, 2002)
Zu diesem Film haben sich wohl schon alle den Mund fusselig geredet und ihn akzeptiert oder akzeptieren müssen, trotz der teilweise übertriebenen Portraitierung des Protagonisten als beinahe unzerstörbaren Superhelden, der irgendwann nur noch alleine durch das zerbombte Warschau umherirrt. Thomas Kretschmann als Wilm Hosenfeld ist dann der aus der Schablone ausgeschnittene gute Nazi, (oder eben kein Nazi mehr, sondern ein guter Deutscher), aber warum auch nicht; wenigstens darf man es auch mal von der Seite betrachten.
Objektiv gesehen kann der Film ja auch nicht schlecht sein; er hat das Privileg der Holocaust-Thematik, die ihn zumindest niemals unwichtig erscheinen lassen kann. Es ist ja auch Polanskis persönlichster Film, zwar ohne die sonstigen, hinterlistig-teuflischen Einfälle, für die man ihn sonst so sehr schätzt, aber auch nicht schlechter; er nähert sich bloß einem sehr delikaten Thema.
Was der gebürtige Pole und Warschauer Ghetto-Flüchtling hier aber erneut so gekonnt meistert, ist seine ewige Thematik des Eingeschlossenen Protagonisten innerhalb seiner eigenen vier Wände. Eine Figur wie Szpilman eignet sich dafür noch viel besser, denn er liegt wirklich in so manch einem Unterschlupf wie ein Hering in der Dose, während draußen die Bomben fallen und jeder Jude geräuschlos in seinem Versteck hausen muss. Der Unterschied ist vielleicht, dass Polanski in anderen Filmen Einzelschicksale einkerkerte, hier aber steht der Pianist stellvertretend für ein ganzes Volk; er ist bloß eben Szpilman und nicht irgendjemand. Ein populärer Pianist mitten in den Wirrungen des Krieges unterstützt umso mehr denn Sinn und Unsinn dieser Zeit, wo das Individuum oftmals in der Uniform oder im Sträflingsanzug erstickt wurde. Um so herzzerreißender, wenn er dann schließlich für den Wehrmachtsoffizier spielen soll und die Musik über die Kriegstrümmer davongetragen wird, als einzig überlebendes und nicht tot zu kriegendes Phänomen.
Schöner Nebeneffekt beim erneuten Sehen: Katarzyna Figura erkenne ich tatsächlich zum ersten Mal, als brüllende Nachbarsfurie (und offensichtliche Nazi-Sympathisantin), die den verängstigten Szpilman in seinem Versteck ertappt hat. Solch ein kleiner Cameo-Auftritt ist fast schon wieder amüsant.

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