29. Oktober 2012

DIE SWINGMÄDCHEN

Maurizio Zaccaro (Italien, 2010)
Italien zählt zu den spannendsten Filmländern und doch so lange nichts mehr von dort angerührt, vielleicht weil es in jüngster Zeit nur noch selten am Zuschauer rüttelt. "Die besten Jahre" hat das noch geschafft, aber sonst herrscht so viel filmische Leere, da unten im Stiefel, oder die Italiener fühlen sich unwohl beim Gedanken, dass sie sich in die Neorealismo-Vergangenheit einreihen müssen, dabei müssen sie es gar nicht, es gibt ja immer was zu erzählen, auch nach der schwarzweißen Trümmerzeit und der späteren Fellini-Träumereien.
Maurizio Zaccaro versucht es zumindest und erzählt uns hier mit voller Inbrunst von den aus den Niederlanden stammenden Leschan-Schwestern, die während der Mussolini-Ära als swingendes Trio Lescano große Erfolge feierten. Eine klassische Tellerwäscher/Star-Thematik, und sie schrubben zunächst sogar wirklich jede Menge Geschirr bevor sie als Tänzerinnen entdeckt werden. Die Mädchen werden so populär in Italien, dass sie von Fans und lüsternen Blicken vollkommen umgarnt werden. Sie betreten schließlich das unantastbare Götterpodest, lassen die Herzen des gesamten Volkes erglühen und vor allem die Tristesse der damaligen (politischen) Lage vergessen; eine Illusion fürs Auge und Ohr.
So weit so gut. Der Regisseur hat einen Zweiteiler hingelegt, also kann er sich gemütlich zurücklehnen, man wundert sich auch, dass alles über lange Zeit so glatt läuft und wünscht sich endlich den dramaturgischen Bruch, doch so bald er kommt wird alles durchsichtiger, schwabbeliger, konstruierter. Wenn man von der Musolini-Ära erzählt, kommt man nicht umhin, irgendwann die Schwarzhemden an die Tür klopfen zu lassen. Das Show-Bussinnes wird ja schließlich auch vom Duce mitbestimmt, die drei jungen Frauen müssen sich fügen, politisch angehauchte Veranstaltungen musikalisch aufpeppen, denn was tut man nicht alles, um zu überleben. Dass ihre Mutter jüdische Wurzeln hat, erschwert die Sache zusätzlich und sie geraten schnell ins Visier der politischen Machtführer.
Das könnte alles sehr spannend und interessant sein, und doch schwächt der Film zunehmend ab, je mehr er versucht, das Geschehen von dem Faschismus-Thema zu überrollen, weil er in alte Muster verfällt, auch was Nebenfiguren angeht: die einst Schwachen und Enttäuschten schließen sich den Schwarzhemden an und werden zu Bestien, wohingegen diejenigen, die früher gute Positionen hatten im neuen Regime in Sackgassen geraten. Die wirkliche Bedrohung ist dann auch oft kaum spürbar, weil in dem Film zu viel brav gelächelt wird und er sich ständig bemüht, die Leschan-Schwestern von der glanzvollsten Seite darzustellen und der Faschismus damit beinahe zu einer musical-artigen Hintergrund-Kulisse degradiert wird.

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