23. Oktober 2012

BLUE VALENTINE

Derek Cianfrance (USA, 2010)
Die Welt oder zumindest Hollywood braucht mehr Charakterfilme, so viel ist sicher. Was früher während der New Hollywood-Phase an ausgefeilten Beziehungsdramen an die Oberfläche kam, lässt sich am heutigen Stand fast an einer Hand abzählen.
Derek Cianfrance (nie gehört!) schafft das aber mit Leichtigkeit. Ein Kino, das nicht nur von seinen beiden Darstellern getragen, sondern gleich mitgerissen wird.
Er erzählt uns von Dean (Ryan Gosling) und Cindy (Michelle Williams); mit der Nennung beider Figuren wäre auch schon das komplette Thema umkreist, wäre es bloß nicht so verdammt schwierig, weil der Regisseur ihre Beziehungsgeschichte zeitlich zerstückelt, hin und her springt zwischen anfänglicher Harmonie und den Gefühlstrümmern einer tragischen Spätphase, die kein Happy End prophezeit.
Das ist eine so simple Geschichte, dass man kaum auf den genauen Inhalt eingehen muss, um sie nachzuvollziehen, und doch ist sie so furchtbar komplex und malträtiert ihre beiden Darsteller bis aufs Äußerste. Trauer ohne filmisches Wehleiden, Schmerz ohne weinerliche Taschentuch-Kino-Tendenz.
Und wie sehr der Film von seinen Darstellern lebt verdeutlicht vielleicht nichts so gut, wie die Szene als Dean angetrunken in der Klinik auftaucht, um seine Frau zu sehen, zuerst einen Streit mit ihr und schließlich mit einem Arzt beginnt, bis schließlich nicht nur Tränen fließen sondern beinahe auch noch Fäuste fliegen. Selbst die Kamera hat irgendwann genug davon, weil sie dann auf einmal lieber draußen bleibt und das Geschehen stumm durchs Fenster beobachtet.
Ein tieftrauriges Werk über Menschen, die sich gegenseitig auf ihrem stets pulsierenden Organ herumtrampeln. Oder kurz gesagt, ein Film über Menschen.
Und wenn Williams & Gosling einem nicht genügen, kann man noch etwas genauer hinhören und erkennt wie beinahe das gesamte Drama von der New Yorker Band Grizzly Bear zusammengehalten wird.

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