27. Januar 2012

GESPRENGTE KETTEN

John Sturges (USA, 1963)
Der Film schmückt sich mit einem völlig albernen deutschen Verleihtitel; man denkt eher an muskelbepackte Sklaven, die im dunklen Verließ hocken, oder an einen Frühphasen-Hitchcock und nicht an die filmische Interpretation des Ausbruchs aus dem Kriegsgefangenenlager der Nazis, bei dem sich mehr als 70 Alliierte durch den Tunnel in die Freiheit gruben.
Dass es sich tatsächlich um einen großen Ausbruch handelt (wie schon der Originaltitel verrät), beweist John Sturges im großen Stil und mit viel Liebe zum Detail. Für zusätzliche Attraktivität sorgt das große Staraufgebot: von MacQueen, über Bronson, Attenborough, bis hin zu Pleasence und Coburn ist fast jeder dabei, der in den 60ern als cool galt, oder mindestens einmal in einem erfolgreichen Western den Revolver ziehen durfte.
John Sturges arbeitete für die hollywood'sche Unterhaltungsindustrie, daher ist sein Film in erster Linie ein heroischer Comic, mit Alliierten als klar definierten Sympathieträgern. Superhelden, die bei ihrer Gefangenschaft mehr Humor aufweisen als die stupiden, deutschen Wachen.
Das Gefangenenlager ist wie die Kulisse einer Game-Show, die Kandidaten sind die Häftlinge, das Ziel des Spiels ist der gelungene Ausbruch aus dem frisch erbauten Lager. Eine wirkliche Lebensbedrohung existiert auch nicht; meistens wird der von Tatendrang getriebene Steve MacQueen erwischt und zur Strafe in den Bunker gesteckt, bevor er den nächsten Ausbruchsversuch startet.
Die Deutschen, die wie gehirnamputierte Riesenbabys umher laufen und denen so ziemlich alles entgeht, was in diesem Lager vor sich geht, sind lediglich die miesepetrigen Wächter, die bloß eine zeitliche Hindernis darstellen.
Die Alliierten haben sich ein gigantisches System aufgebaut nach dem sie vorgehen; der Ausbruch wird beinahe industriell und zum Großteil völlig unauffällig geplant und umgesetzt.
Der Film strotzt also an jeder Ecke vor phantastischen Übertreibungen und einer komödienhaften Leichtigkeit, schafft es aber dennoch einen völlig in seinen Bann zu ziehen, weil man schließlich das Ergebnis all dieser Mühen sehen will.
Die überraschende Wende kommt dann auch wie ein tonnenschwerer Panzer angerollt, wenn die Entflohenen nach und nach von den Deutschen wieder eingesammelt oder wie Hunde niedergeschossen werden. Jetzt vergeht allen das Lachen. Der letzte Teil des Filmes thematisiert in den individuellen Einzelschicksalen, wie kostbar und wie vergänglich Freiheit sein kann, weil die Entflohenen plötzlich nicht mehr vom Zusammenhalt der Gruppe profitieren können. Ein überzeichneter aber (bzw. deswegen) aufregender Filmgenuss.

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