4. Dezember 2013

JUNG UND SCHÖN

François Ozon  (Frankreich, 2013)
François Ozon, der sinnliche Provokateur des heutigen französischen Kinos, erzählt im neusten Streifen von Selbstfindung seiner jungen Protagonistin bzw. wie sie vom rechten Weg abrutscht als sie ihre erste, unerfüllte, sexuelle Erfahrung während eines Urlaubs machen darf. Ausgerechnet mit einem Deutschen; da werden manche hierzulande erbost auf die Leinwand luchsen, weil man in dem jungen Mann den Grund dieser heiklen Charakter-Wandlung des Mädchens erkennen könnte.
Ozon schwenkt mit der Handlung rasch nach Paris, wo Isabelle (so heißt sie) lebt und studiert. Man wird als Zuschauer in den Handlungswechsel direkt hineingeschleudert und muss sich schnell neu orientieren, weil die junge Frau sofort im aufreizenden Business-Outfit in ein chices Hotel hineinspaziert. In routinierten Vorgängen lernen wir sie als Objekt der Begierde kennen, die sich heimlich übers Handy mit älteren Männern verabredet und in komfortablen doch kargen Hotelzimmern ihre sexuellen Wünsche erfüllt. Es sind beinahe völlig stumpfe, festgefahrene Vorgänge. Ein riskantes Doppelleben aus heimlichem Klamotten-Wechsel auf schäbigen, öffentlichen Toiletten; von braver Studentin zur Edel-Nutte. Wenig Dialog zwischen Mann und Frau, nur der hemmungslose Trieb, bis man nur noch darauf wartet, wann endlich das Elternhaus dahinter kommt und die gängigen Erziehungs- und Generationskonflikte entfachen. Doch bevor wirklich so etwas wie ein konventioneller Verlauf, ja gar Langweile aufkommt und man beinahe denken könnte, Prostitution wäre kein schlechter Studenten-Job, wendet sich das Blatt auch schon: Ozon verzichtet auf einen entschleiernden Zusammenstoß von Tochter und Familie, (etwa in Form einer ausgelutschten Szene von Handys, die in falsche Hände geraten), sondern positioniert in die Handlung lieber einen dramatischen Zwischenfall mit einem der Kunden, der ernüchternd und enthüllend zugleich ist.
Es gibt natürlich bessere Ozon-Filme, weil man sich alleine schon über den nicht dargestellten Wandel der Hauptfigur ärgern könnte. Als Zuschauer entgeht einem, wie sie langsam in dieses Milieu hineinrutscht, sich daran herantastet und das nötige Selbstbewusstsein entwickelt, ähnlich wie damals bei Frau Deneuve in Buñuels "Belle de Jour", den wir aber anderseits auch nicht nochmal serviert bekommen wollen und ihn auch nicht kriegen.
"Jung und schön" als Titel trifft es wohl ins Schwarze, wenn man das auf die permanente Präsenz von Marine Vacth in diesem Film bezieht. Wieder so ein blödes Model, könnte man behaupten, aber dafür macht sie ihre Sache doch zu gut und hat schließlich einen Regisseur als Stütze, der bekannt dafür ist, alles so schön logisch, aufgeräumt und geradlinig aufzubauen, dass man völlig sicher sein kann, von ihm wohlbehütet ins Ziel getragen zu werden. Gefährlich könnte es für Frau Vacth in Zukunft dennoch werden; das Klischee des plakativ hübschen, schauspielernden Models, lässt sich unter einem falschen Regisseur nicht so leicht abschütteln.

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