9. Dezember 2013

DIESES LAND IST MEIN LAND

Hal Ashby  (USA, 1976)
Nach dem Film weiß man vor allem eins: Man sollte schleunigst die Woody Guthrie-Autobio aufschlagen und die wird auch beizeiten nachgeholt. Bis dahin muss und kann man sich mit diesem Bio-Pic von Hal Ashby begnügen, der mittlerweile auch gerne auf Wühltischen zwischen all dem Schund und Schmutz vorzufinden ist. Nicht ganz abwegig, weil die Tonqualität auf dieser DVD ganz eindeutig von einem anderen Stern stammt.
Jedenfalls konnte Ashby tatsächlich in den 70ern eine doch recht ansehnliche Verbeugung vor dem einzig wahren König des Folk in einen 2,5-Stundenfilm verpacken, ohne dass es unbedingt langweilig wird. Woody Guthrie, der Mann mit der Gitarre und jeder Menge Zorn im Gemüt, aber stets von einer optimistischen Grundhaltung vorangetrieben. Einer, der scheinbar über jedes erdenkliche Thema dieser Welt einen Song geschrieben hat, denn von wem sonst finden man Originalaufnahmen, wo er aus aktuellem Anlass sogar Leute wie Hitler besingt.
Im Film wird Woody (David Carradine, der alle Songs selbst interpretiert!) zunächst als Familienmensch gezeigt, der in Texas lebt, als Schildermaler seine Brötchen verdient und zunehmend von der Unzufriedenheit der Bewohner infiziert wird, die über das harte Leben klagen und sich nach dem fernen Kalifornien sehnen. Denn "California is a Garden of Eden", wie er selbst später singen wird und die Dust Bowl-Periode hüllt die Gegend schließlich mit ihrer staubigen Schicht ein, dass man nur noch seine Siebensachen packen möchte, um von diesem tristen Ort zu verschwinden. Woody lässt also eines Tages alles und alle hinter sich und springt auf den obligatorischen Güterzug Richtung Kalifornien, wo er sich zu den anderen Hobos dazugesellt. Dort angekommen steht er jedoch schon  bald vor den gleichen Problemen: Arbeitslosigkeit und gebeutelte, hoffnungslose Menschen, wo man auch nur hinschaut.
Das Blatt wendet sich erst für Woody, als er bei einem Radiosender vorsingt und sogar eine eigene Show bekommt. Doch Guthrie wäre nicht Guthrie gewesen, wenn er sich plötzlich auf seinem Erfolg ausruhen würde, oder in der neuen Gegend sesshaft geworden wäre. Er verzichtet auf seinen Ruhm, in dem er sich jedem quer stellt, der ihn zu einer Marionette des Showbusiness verwandeln möchte, bis sich sogar seine Familie von ihm im Stich gelassen fühlt. Er ist eben der Mann mit einer Mission, der Typ, der sich mit seiner Gitarre zwischen die Arbeiter mischt, sie dazu animieren will, Gewerkschaften zu gründen und dabei selbst von Plantagen- und Fabrikbesitzern Schläge einstecken muss.
Ashby gelingt ein einfühlsames Portrait dieser amerikanischen Periode; eine filmische Impression aus Orten und Menschen auf ihrer Reise ins erhoffte Glück. Und Ashbys Film ist glücklicherweise selbst voller Staub und Schmutz, als hätte er sich direkt in diese Zeit mit seiner Kamera dazwischengemischt. Er muss auch seinen Schwerpunkt darauf legen, weil Woody dramaturgisch betrachtet immer noch eine zu ausgewogene Figur bleibt; ein Wanderprediger in Gestalt eines überwiegend passiven Widerständlers. Dabei hätte alleine schon seine tragische Erkrankung für eine inhaltliche Wende gesorgt. Doch der Film bleibt eine Impression des Guthrie-Mythos und entscheidet sich, offen hinauszulaufen, um seinen Protagonisten nicht als gefallenen Helden zeigen zu müssen, sondern lässt ihn lieber auf den nächsten, davonfahrenden Zug aufspringen.

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