16. Dezember 2013

DAS MÄDCHEN AUS DER STREICHHOLZFABRIK

Aki Kaurismäki  (Finnland, Schweden, 1990)
Kaurismäki beginnt seinen Film reportageartig, wenn er aus voller Nähe die polternden Maschinen und Förderbänder einer Streichholz-Fabrik einfängt. Zuerst nur Maschinen, keine Menschen, dann plötzlich schwenkt die Kamera doch nach oben und wir sehen Iris (Kati Outinen), wie sie die an ihr vorbeiziehenden, endlose Streichholzschachteln kontrolliert.
Dieser nicht endende Trott findet sich dann auch in ihrem Privatleben wieder, wenn sie nach der Arbeit nach Hause kommt, schweigend am Essenstisch mit den Eltern sitzt, sich vorm Spiegel zurecht macht und zur Tanzveranstaltung geht, wo jedes Mal ein Mann fehlt, der sie zum Tanz auffordern könnte, so dass sie wieder enttäuscht zu Hause ankommt und betrübt unter die Bettdecke kriecht, bevor der Arbeitsalltag wieder losgeht.
Einen radikalen Ausbruch aus dieser Starre wagt Iris dennoch, als sie sich von ihrem Lohn schließlich ein Kleid kauft, dieses jedoch wieder zurückgeben muss, als die empörten Eltern es mitbekommen und der Vater sogar mit Schlägen reagiert. Als ihr eines Tages doch noch ein Mann über den Weg läuft, und man beinahe schon glaubt, es käme etwas Licht in Iris' Welt, sucht er schnell wieder das Weite und lässt sie zurück; völlig verzweifelt und zudem auch noch schwanger, bis sie sogar von den Eltern verstoßen wird.
Kaurismäki stößt uns immer weiter in eine Sackgasse, es gibt kein Entkommen mehr aus diesem pessimistischen Realismus, bis er eine Vollbremsung wagt und den Film schlagartig in eine komplette Finsternis treibt. Denn dann besorgt unsere Heldin in der Apotheke ein Päckchen Rattengift und der Rachefeldzug kann beginnen; der Film schwenkt plötzlich vom Tragischen zu einer bitterbösen Schwärze.
Im Gegensatz zu den beiden anderen Proletarier-Teilen, gibt es in diesem Kaurismäki nichts zu lachen und auch wenig zu schmunzeln. Es ist eine Tragödie der Arbeiterklasse; rau und kantig, weil alle potentiellen, filmischen Verzierungen mit Hammer und Meißel abgeschlagen wurden und der Film deswegen ohne prätentiöses Gejammer und unnötiger Kunstgriffe auskommt.

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