3. Dezember 2013

ALICE LEBT HIER NICHT MEHR

Martin Scorsese  (USA, 1974)
Wie aufmunternd ist es doch, von Scorsese etwas zu sehen, was ohne sein obligatorisches Blutbad auskommt, auch wenn man ihn für seinen Blick auf das amerikanische Gangstertum am meisten schätzt, doch kurz bevor er Travis als Taxifahrer durch die nächtlichen New Yoker Straßen schickte, gelang ihm mit "Alice lebt hier nicht mehr" ein wirklich schöner Road-Movie und beeindruckendes Frauen-Portrait zugleich.
Ellen Burstyn ist hier in der Hauptrolle, durfte sich sogar selbst den Regisseur aussuchen, und später kommt noch Kris Kristofferson hinzu, mit Bart natürlich, der in diesem Film von Frauenhand sogar angefasst werden darf.
Der Film beginnt mit einem Prolog, der stilistisch wie eine Kopie und Verbeugung von Victor Flemings "Zauberer von Oz" angelegt ist, wo wir die Hauptfigur als kleines Mädchen kennenlernen, bevor der Film mit rollendem Auto und flotter Musik ins Hier und Jetzt umschlägt.
Nach dem Unfalltod ihres Ehemanns lässt Alice (Ellen Burstyn) die Vergangenheit hinter sich, verlässt ihr Haus, verkauft ihr Hab und Gut und macht sich mit ihrem Sohn Tommy (Alfred Lutter) auf den Weg in ihre Heimat in Kalifornien. Das einzige was sie kann ist Singen, so investiert sie ihr letztens Geld in die entsprechende Garderobe, um sich bei Vorstellungsgesprächen in diversen Kneipen im besseren Licht präsentieren zu können. Doch der Weg ist steinig, mal darf sie vorsingen, mal nicht, bekommt dann doch einen Job, aber leider als Kellnerin in einem stets überfüllten, hektischen Lokal, wo scheinbar alle Cowboys der Gegend für eine Mahlzeit vorbeischauen. Bevor dort der Farmer David (Kristofferson) auch endlich eine Bestellung aufgibt und sich eine prickelnde Romanze entwickeln darf, muss Alice davor noch eine katastrophale Erfahrung mit Ben (Harvey Keitel) machen, der sich als verheirateter Despot entpuppt, der gerne Schläge austeilt und das Messer zuckt. Parallel zu all dem zwischenmenschlichen Wirrwarr lernt der kleine Tommy die junge Audrey (Jodie Foster, praktisch aus dem Ei geschlüpft!) kennen, beide schlendern durch die Gegend, klauen im Laden Gitarrensaiten, oder hängen Wein trinkend auf der Couch ab; ein Mädchen mit schlechtem Einfluss.
Ein gutes Marty-Frühwerk, das von seinen amüsant-spötischen Dialoggefechten zwischen Alice und ihrem Sohn vorangetrieben wird. Denn während sich die Mutter kläglich um die Absicherung der familiären Existenz bemüht, pointiert der Sohnemann mit altklugem Zynismus jede Handlung seiner überforderten Mutter. Doch Alice kämpft unentwegt weiter, ob unter Freudestränen oder  einem verweinten Auge.

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