7. November 2013

MAMMA ROMA

Pier Paolo Pasolini  (Italien, 1962)
Nach Pasolinis delikatem Erstlingswerk "Accattone" war es für Italien alles andere als einfach, sich beim nächsten seiner Filme, ganz mühelos den Angstschweiß von der Stirn zu wischen. Seitens Regisseur gab es auch gar keine Absichten für Versöhnungen oder zugefügte Wunden heilen zu wollen. Das entfachte Skandalpotential sollte am Leben erhalten werden und Pasolini weiterhin als das Schreckensgespenst unter den Filmemachern in Erinnerung bleiben.
Das Prostituierten-Milieu wird auch hier erneut betreten, dieses Mal wird jedoch Franco Citti in den Hintergrund gestellt, um für Anna Magnani als allseits bekannte Prostituierte, Mamma Roma Platz zu machen. Sie möchte sich von ihrer schäbigen Vergangenheit befreien und von ihrem Gesparten ein neues, sauberes Leben in Rom in Angriff nehmen. Sie schleppt ihren 16-jährigen Sohn Ettore (Ettore Garafolo) mit; schmiedet schon selbst Pläne für seine Zukunft und überwacht ihn mit strengem Auge, um ihn von dem Gesindel auf den Straßen fernzuhalten.
Doch einmal Prostituierte heißt für immer Prostituierte: Der Zuhälter Carmine (Franco Citti) klopft eines Tages wieder an die Tür, denn alte Rechnungen stehen noch offen; Mamma Roma landet vorübergehend wieder auf dem Strich. Währenddessen streicht ihr Sohn mit neugewonnen Freunden durch die Vorstädte Roms herum; ein Bande aus üblen Halunken und Müßiggängern. Er lernt dann ein Mädchen kennen, die sich ebenfalls in der Gegend herumtreibt, doch bevor etwas ernsthaftes zwischen den beiden entflammen kann, stellt sich schon Mamma Roma zwischen die beiden Liebenden, weil sie als Mutter natürlich am besten weiß, wer für ihren Sohn die richtige Frau ist. Um ihn auf andere Gedanken zu bringen schickt sie ihn sogar zu einer befreundeten Hure.
Der Mutter/Sohn-Konflikt gerät aus den Fugen; die Mutter kann ihre Vergangenheit nicht bewältigen und der Versuch, ihren Sohn vom Übel dieser Welt fernzuhalten, bringt ihn geradewegs ins Verderben und endet mit einer Katastrophe. Der junge Ettore leidet unter dem im vorbestimmten und von ihm selbst ungewollten Lebensweg, dem erzwungenen Verzicht auf die Frau, die er wollte und unter der Herrschaft seiner Mutter und deren fragwürdigen Vergangenheit, so dass er geradewegs auf einen tiefen Abgrund zuläuft. Pasolini lässt seinen jungen Helden ziellos zwischen den tristen Plattenbauten herumtorkeln und schließlich sogar in gekreuzigter Pose einsam verrecken.
Mag sein, dass Pasolini erst später seine eigene und noch viel krassere Handschrift gefunden hat und sich bei seinen allerersten Filmen noch sehr an die Bildsprache des Neorealimso dranhängt, wenn etwa Ettore in den gedehnten Szenen wortlos zwischen dem Beton der modernen Mietwohnungen und den ewigen Steinruinen Roms umherirrt. Rein erzählerisch gesellt sich "Mamma Roma" sicherlich zu seinen besten Filmen.

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