28. November 2013

VENUS IM PELZ

Roman Polanski  (Frankreich, 2013)
Man muss es einfach erwähnen, was die Boulevardblätter heutzutage immer wieder predigen: Polanski lebt tatsächlich immer noch und sieht gut aus für ein Alter, wo andere schon mit krummen Buckel durch die Welt schlendern, aber dass er dann doch altert merkt man leider gerade an dem was er am besten kann, bzw. konnte, denn "Venus im Pelz" ist immer noch vom gleichen Regisseur wie "Chinatown" , "Rosemary's Baby" oder "Das Messer im Wasser", um so erschreckender das jüngste Ergebnis, dessen Fragwürdigkeit sich bereits in den Trailern angekündigt hatte. Aber man schaut ja Filme wegen dem Filmemacher und nicht wegen dem Thema; zumindest versucht man diesem Prinzip treu zu bleiben; eine Treue, die einen vorerst immer wieder völlig geblendet auf den Kinositz verfrachtet.
Der neue Film ist zum Scheitern verurteilt. Das prophezeien bereits die leeren Kinositze; man bekommt das Gefühl, als wäre der Kinosaal eine Verlängerung von dem auf der Leinwand gezeigten Theaterraum, wo auch niemand sitzt, bloß zwei Leute auf der Bühne mit sich selbst beschäftigt sind; völlig ausgeschlossen von der restlichen Welt.
Theaterregisseur Thomas (Mathieu Amalric) will „Venus im Pelz“ von Leopold von Sacher-Masoch wiederbeleben und auf die Bretter dieser Welt stellen, kann aber keine passende Darstellerin finden, bis plötzlich eine sehr verspätete, sehr aufgedrehte und sehr vulgäre Emmanuelle Seigner in dem leeren Theater aufkreuzt, die zufälligerweise auch Vanda heißt, wie die Hauptfigur im Stück. Thomas würde sie am liebsten gleich wieder nach Hause schicken, die Frau drängt sich aber dermaßen auf, dass sie plötzlich kostümiert auf der Bühne steht und eine Vanda zum Besten gibt, die ihm die Sprache verschlägt. Schnell wendet sich das Blatt, die dominante Vanda-Domina übernimmt zunehmend das Ruder, während Thomas verängstigt in den Part der männlichen Figur hineinschlüpft und in seiner Unterwürfigkeit in alle Einzelbestandteile zu zerfallen droht. Später, wenn beide ihre Rollen tauschen und der Film damit endlich eine interessante Wende nimmt, erinnert der geschminkte Mathieu Amalric plötzlich sogar an Polanski selbst, als er vor Jahrzehnten in Frauenfummel in "Der Mieter" den Trelkovsky zum besten gab.
Mag man alles drehen wie man will und von allen Seiten betrachten: Es ist ein trauriger Film eines alten Mannes; ein Mikrokosmos aus persönlichen, feuchten Träumen. Man bemüht sich die ganze Zeit, Emmanuelle Seigner toll zu finden, wie schon damals in „Bitter Moon“ und „Frantic“, obwohl das vermutlich mittlerweile nur noch ihrem Regisseur und Ehemann gelingt, der seiner Frau endlich das versprochene Musen-Denkmal in den Stein hauen kann. Wir dagegen sind eher peinlich berührt, als schlüpfrig erhitzt, von all den bemühten Obszönitäten und Möchtegern-Vulgaritäten. Am Ende gewinnt die Frau und der Mann ist auf der Bühne an eine Kaktus-Attrappe gebunden; der stachelige Phallus als Marterpfahl, die nackte Venus mit Pelz bekleidet, um ihn tänzelnd. Und auf so was warten wir 90 Minuten lang; mühen uns ab und werden Zeuge dessen, wie Polanski das altbewährte, reduzierte Kammerspiel nicht mehr zu bändigen weiß wie einst so meisterhaft.

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