30. November 2013

KAP DER ANGST

Martin Scorsese  (USA, 1991)
Trivia zuerst: Ein Wiedersehen mit Scorseses größtem Blockbuster vergegenwärtigt einem, dass De Niro bereits in den 90ern zu seinem heutigen, opa-haften, schiefen Gesichtsausdruck tendierte. Das ist fast erschreckender als die Figur des Max Cady selbst. Körperlich zwar fit, doch der Weg zu alten Mann war bereits geebnet.
Nun zum Film: Max Cady wird nach 14jähriger Gefängnisstrafe entlassen und lässt sich im gleichen Städtchen nieder, in dem sein damaliger Pflichtverteidiger (Nick Nolte) mit seiner Frau (Jessica Lange) und Tochter (Juliette Lewis; die unvergessliche Verführungsszenen mit De Niro im Theater) lebt. Cady will sich an dem Mann rächen, der ihn damals  ins Zuchthaus gebracht hat, statt für seine Verteidigung zu sorgen. Doch Cadys Terror schleicht sich zuerst leise, in wohl überlegten Schritten heran; er hat im Knast das Lesen gelernt, sich mit einem Haufen juristischer Bücher befasst und weiß genau, wie er den Anwalt und seine Familie so malträtieren kann, dass ihm das Gesetz nichts anhaben wird. Er ist ein beunruhigend talentierter Autodidakt, der die Bibel studierte, gerne auch rezitiert und seinen Körper mit Auszügen schmücken ließ. Er ist ein unzerstörbares, gottähnliches Wesen mit überhöhter Vorstellung seiner Unantastbarkeit, was ihn zu einem gefährlichen Monster macht.
An J. Lee Thompsons Version aus den 60er reicht die Erinnerung nicht mehr heran, muss aber auch bald aufgefrischt werden. Ist mit Sicherheit auch nicht so reißerisch und blutdurchtränkt und auf ein bombastisches Showdown hinzielend wie bei Marty, der immerhin Robert Mitchum und Gregory Peck wiederbelebte (beide spielen die Hauptfiguren in der alten Fassung) und mit kleinen Gastauftritten besetzte.
Marty & Bob legten in den 90ern mit der Neuverfilmung von "Kap der Angst" ihren kommerziell erfolgreichsten Film hin; ein Erfolg, dem Scorsese bis heute nicht mehr erreichen konnte. Ist ja auch eine fesselnde Geschichte, mit beängstigender Zuschauernähe, denn Mist hat jeder Mal verbrochen und die Angst vor Rache flackert ebenso in jedem und wenn sie sich dann in einem ganzen Rachefeldzug äußert, wie bei Max Cady, der nach und nach eine komplette Familie zerstören will, dann sorgt so was für eine schweißtreibende Unruhe. Der amerikanische Traum vom Familienglück und gepflegten Vorgarten gerät ins Wanken. Der Mensch muss sich bewaffnen, sein Territorium verteidigen, bzw. schützende Barrikaden um sich aufbauen und ein Dasein in Angst und Schrecken fristen; scheu und voller Furcht durchs Leben schleichen.
Dick aufgetragene Film Noir-Verbeugung, die aber immer noch nachhallt, weil De Niro hier vermutlich zum letzten Mal dermaßen physisch präsent war, bevor ihn die Opa-Filme-Phase endgültig eingeholt hatte.

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