6. Mai 2013

ZEUGIN DER ANKLAGE

Billy Wilder  (USA, 1957)

Charles  Laughton, der schleimige Fleischberg, der sich oft gerne mit erhobener Nase aufplustert wie ein stolzer Hahn, muss hier überraschenderweise den gefallenen Mann spielen, der nach einer Herzattacke erstmal wieder langsam auf die Beine kommt und sich während eines haarsträubenden Falls wieder als Strafverteidiger behaupten muss. Der ständige Konflikt mit seiner Krankenschwester, die ihn als Übermama am liebsten ans Bett fesseln will, ist ein Running-Gag, der den Ernst der restlichen Handlung entkrampft.
Bei dem verwirrenden Fall, geht es um den Handelsvertreter Vole (Tyrone Power), seine tote bzw. ermordete Witwe und schließlich auch Marlene Dietrich, die eine entscheidende Rolle spielt.
Genauer auf den Inhalt dieser Agatha Christie-Adaption einzugehen bedeutet, die Gesamtkonstruktion zu enträtseln, bis alles in sich zusammenkracht und man den Film nicht mehr zu sehen braucht. Die Lage spitzt sich aber zunehmend zu; so viel darf man offenbaren, und Billy Wilder zögert den endgültigen Überraschungseffekt bis zu allerletzten Minute restlos hinaus.
Und mag man von der Dietrich halten was man will, eine gute Darstellerin war sie dennoch und konnte mit ihrer ungeheuren Präsenz alle Mitstreiterinnen ohne Weiteres beiseitefegen.
Das Genre des Gerichtsfilms ist filmisch betrachtet vielleicht eins der „unfilmischsten“, oder eins, dass sehr leicht einer chronischen Langweile zum Opfer fallen kann, wenn es weniger gekonnt inszeniert ist. Aber Billy Wilder wäre nicht Billy Wilder gewesen, wenn er nicht gewusst hätte, wie man aus einer Location, die zu einer beständigen Geschwätzigkeit animiert (wie eben ein Gerichtsgebäude), dennoch einen unterhaltsamen Film macht. Es klappt deswegen recht gut, weil Charles Laughtons Figur des Strafverteidigers Robarts genug Spielraum bietet, um eine trockene Gerichtsverhandlung, die zwar durch Hitchcock'eske Wendungen voller krimineller Überraschungen besticht, zusätzlich durch die Eigenarten dieses Charakters (und auch der der anderen Figuren) auszuschmücken, die vielleicht manchmal auch zu deutlich mit einem Fuß im Klamauk herumtappen.

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