22. Mai 2013

DU SOLLST DEINE FRAU EHREN

Carl Theodor Dreyer  (Dänemark, 1925)
Wo uns Carl Theodor Dreyer sonst mit seinem "Vampyr" das Gruseln beibringen wollte, oder etwa Maria Falconetti als Jeanne d'Arc endlose Tränen weinen ließ, reduziert er das kleine und doch nicht unbedeutende Kammerspiel von „Du sollst deine Frau ehren“ auf das Interieur einer einengenden Mietwohnung und konzentriert sich auf das Zusammenleben bzw. Miteinanderauskommen der wenigen Figuren.
Da ist der despotische Viktor Frandsen, Familienoberhaupt und ein miesepetriger Choleriker, der seine Ehefrau Ida bei jeder Gelegenheit ausnutzt und demütigt. Wir wissen natürlich sofort, dass sich etwas ändern muss und Dreyer geht es auch um nichts anderes, als diesen Konflikt erfolgreich aufzulösen. Damit kann auch der Begriff Emanzipation groß geschrieben werden, so dass bereits damals sicherlich ein paar Frauenrechtlerinnen bereitwillig aufjubeln konnten. Genug Projektionsfläche für eine solche Problematik bietet die Figur der Ida ohnehin. Glücklicherweise gibt es da die alte Haushälterin Mads, die die Versklavung der jungen Frau nicht länger dulden kann und die Initiative ergreift. Während der Abwesenheit des Ehemanns schickt sie die gebeutelte Ida zu ihrer Mutter, wo sich diese erholen soll, während sie selbst den herrscherischen Viktor in die Mangel nimmt und ihn in kurzer Zeit zu einem braven Ehemann erzieht, der sich vorbildlich benimmt und um den Haushalt kümmert. Aus einer respekteinflößenden Bestie wird ein Schoßhündchen, weil Viktor seine Fehler irgendwann einsieht und ihm die Abwesenheit seiner Frau zunehmend zu schaffen macht.
Dreyer muss seine Kamera auch kaum bewegen, weil die Darsteller für genug Turbulenz innerhalb der vier Wände sorgen. Man merkt es erneut: Das Œuvre dieses Regisseurs ist nicht bloß ein alter Schinken, sondern ein prähistorischer Fleischklops, wenn man so will, aber einer der nicht fault. Oder vielleicht ist er auch eher ein guter alten Wein; seit je her wichtig für die Filmgeschichte und vor allem ist er ein Regisseur gewesen, der sich von Film zu Film immer neu erfand, weil die Themen so vielfältig waren.
„Du sollst deine Frau ehren“ ist ein guter Film, bei dessen Wiedersehen man sich noch intensiver mit den gut versteckten Symbolen auseinandersetzen darf, die dort gut verteilt auf den Tischen und Sofas herumliegen oder an den Wänden hängen, wie schon die fadenscheinige Wanduhr, mit ihrer plakativen Herzschlag-Symbolik, dessen Pendelschwingungen gerne variieren oder komplett aussetzen, je nachdem wie schief der Haussegen hängt.

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