23. Mai 2013

DIE FRAU NEBENAN

François Truffaut (Frankreich, 1981)
Bevor sich Truffaut ein paar Jahre später mit der filmischen Verbeugung "Auf Liebe und Tod"  von seiner Ehefrau Fanny Ardant endgültig verabschiedet hat (und von uns gleich mit!), servierte er uns davor noch diesen heimtückischen Liebesdrama-Thriller, falls man ihn überhaupt in eine solche Schublade stecken mag.
Depardieu ist auch mit von der Partie. Er durfte ja bereits zuvor in "Die letzte Metro" sein Truffaut-Debut abgeben; hier taucht er als Bernard auf, der mit Frau und Sohn in der Nähe von Grenoble lebt. Zufälligerweise zieht eines Tages das Ehepaar Philippe und Mathilde (Fanny Ardant) in das Haus gegenüber ein (oder "nebenan", um noch deutlicher auf den Titel einzugehen). Jetzt würde man denken, das klassische Starkino-Muster ist vorprogrammiert, weil Depardieu und Ardant logischerweise zueinander finden müssen, doch Truffaut hat sich in seiner Hitchcock'haften Gerissenheit etwas anderes ausgedacht: Depardieu und Ardant kennen sich nämlich schon von früher, versuchen jedoch die alte Liebesgeschichte vor ihren jetzigen Partnern zu verbergen, was natürlich nicht möglich ist, sonst hätten wir keinen Film, und es passiert, was nicht passieren darf, aber passieren soll: die alte Liebe entflammt in diskret lodernder Flamme, so dass sich die wechselhaften Gefühlsausbrüche nur so überschlagen und jedes Aufrechterhalten der bisherigen Normalität praktisch unmöglich ist.
Das ist trotzdem weder inhaltlich, noch formal sonderlich originell und deswegen auch nicht Truffauts bester Film. Aber er weiß wie immer, auf seine typische, leicht spießige Art kompakt zu erzählen und den Plot mit einem Hauch bösen Humor zu verschnörkeln. Am Ende merkt man, dass es vielleicht auch besser ist, dass Truffaut kein wirklicher 80er-Jahre-Regisseur mehr wurde, weil ihm  die Poesie und visuelle Coolness der späten 50er, 60er und auch 70er einfach besser steht, so gut seine Darsteller diesem Film auch sein mögen.

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