Miloš Forman (USA, 1971)
Miloš Forman verließ zur damaligen
Zeit die Tschechoslowakei und setze mit „Taking Off“ den ersten
Fuß auf den amerikanischen Boden. Was dabei mit diesem Film ins
Rollen gebracht wurde, ist beinahe schon beängstigend, wenn man sich
vergegenwärtigt, dass jemand, der bis dahin in die amerikanische
Kultur und Lebensweise nur kurz hineinschnuppern konnte, bereits mit
seiner ersten Produktion auf dem neuen Kontinent, einen dermaßen
reifen und entblößenden Blick auf die USA werfen konnte; vermutlich
entblößender als es viele Amerikaner selbst jemals geschafft haben.
Oder aber man kann einen solchen Blick gerade als Ausländer/Neubürger
viel besser ausarbeiten, weil noch genug Distanz vorhanden ist.
Forman hat zuvor in seiner Heimat in
dem Film "Der Wettbewerb" ein Gesangs-Casting zum
Mittelpunkt der Handlung auserwählt; in "Taking Off"
umschließt er seine Geschichte ebenso durch eine Vielzahl an Szenen
eines Talent-Castings, bei denen die unterschiedlichsten Charaktere
ihre musikalischen Fähigkeiten zum Besten geben (u.a. zu sehen: die
sehr junge Kathy Bates mit ihrem eigenen Song). Vielleicht kann man
diese Themenverwandtschaft beider Filme als Bindeglied oder gar
Vergleich beider Länder betrachten.
Im "Taking Off"-Wettbewerb
lernen wir erstmal die 15-jährige Jeannie kennen, die sich jedoch
entscheidenden Moment, nicht mehr traut zu singen. Ein Casting
überhaupt zu besuchen ist ihre eigene Entscheidung gewesen. Die
Unwissenheit der Eltern, wo sich die Tochter herumtreiben könnte,
ist der eigentliche Auslöser für die Handlung, oder für ein Drama,
das eigentlich keins ist, sondern eher eine hysterische
Überdramatisierung der Eltern. Der Generationskonflikt schleicht
sich hinein, bzw. der klägliche Versuch einer Kommunikation zweier
Welten: Die gutbürgerlichen Spießer-Eltern versuchen ihre von
großen Träumen geleiteten Hippie-Kinder zu verstehen, bzw. tun so
als würden sie es versuchen.
Und Forman treibt es zum Ende hin auf
die Spitze, weil er die unschuldige Jugend in Schutz nimmt,
wohingegen die verständnislose Elterngeneration parodiert gar
dämonisiert wird und in einer irrsinnigen Strip-Poker-Runder bekifft
und betrunken alle Hüllen fallen lässt und damit alle Tabus bricht.
Die junge Jeannie ertappt die Spieler gerade beim Höhepunkt ihres
unkontrollierten Treibens.
Das ist der amerikanische Albtraum und
einer der Filme, die durch die Thematisierung beider Welten gerade
diese am überzeugendsten auf den Kopf stellt und mit festgefahrenen
Denkrichtungen und Rollenverteilungen aufräumt. Und das war ja erst
der Startschuss für Forman in seiner neuen Heimat. Direkt danach
folgte Nicholson und das Kuckucksnest. Damit ist alles gesagt,
zumindest angedeutet.
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