10. Januar 2013

TAKING OFF

Miloš Forman (USA, 1971)
Miloš Forman verließ zur damaligen Zeit die Tschechoslowakei und setze mit „Taking Off“ den ersten Fuß auf den amerikanischen Boden. Was dabei mit diesem Film ins Rollen gebracht wurde, ist beinahe schon beängstigend, wenn man sich vergegenwärtigt, dass jemand, der bis dahin in die amerikanische Kultur und Lebensweise nur kurz hineinschnuppern konnte, bereits mit seiner ersten Produktion auf dem neuen Kontinent, einen dermaßen reifen und entblößenden Blick auf die USA werfen konnte; vermutlich entblößender als es viele Amerikaner selbst jemals geschafft haben. Oder aber man kann einen solchen Blick gerade als Ausländer/Neubürger viel besser ausarbeiten, weil noch genug Distanz vorhanden ist.
Forman hat zuvor in seiner Heimat in dem Film "Der Wettbewerb" ein Gesangs-Casting zum Mittelpunkt der Handlung auserwählt; in "Taking Off" umschließt er seine Geschichte ebenso durch eine Vielzahl an Szenen eines Talent-Castings, bei denen die unterschiedlichsten Charaktere ihre musikalischen Fähigkeiten zum Besten geben (u.a. zu sehen: die sehr junge Kathy Bates mit ihrem eigenen Song). Vielleicht kann man diese Themenverwandtschaft beider Filme als Bindeglied oder gar Vergleich beider Länder betrachten.
Im "Taking Off"-Wettbewerb lernen wir erstmal die 15-jährige Jeannie kennen, die sich jedoch entscheidenden Moment, nicht mehr traut zu singen. Ein Casting überhaupt zu besuchen ist ihre eigene Entscheidung gewesen. Die Unwissenheit der Eltern, wo sich die Tochter herumtreiben könnte, ist der eigentliche Auslöser für die Handlung, oder für ein Drama, das eigentlich keins ist, sondern eher eine hysterische Überdramatisierung der Eltern. Der Generationskonflikt schleicht sich hinein, bzw. der klägliche Versuch einer Kommunikation zweier Welten: Die gutbürgerlichen Spießer-Eltern versuchen ihre von großen Träumen geleiteten Hippie-Kinder zu verstehen, bzw. tun so als würden sie es versuchen.
Und Forman treibt es zum Ende hin auf die Spitze, weil er die unschuldige Jugend in Schutz nimmt, wohingegen die verständnislose Elterngeneration parodiert gar dämonisiert wird und in einer irrsinnigen Strip-Poker-Runder bekifft und betrunken alle Hüllen fallen lässt und damit alle Tabus bricht. Die junge Jeannie ertappt die Spieler gerade beim Höhepunkt ihres unkontrollierten Treibens.
Das ist der amerikanische Albtraum und einer der Filme, die durch die Thematisierung beider Welten gerade diese am überzeugendsten auf den Kopf stellt und mit festgefahrenen Denkrichtungen und Rollenverteilungen aufräumt. Und das war ja erst der Startschuss für Forman in seiner neuen Heimat. Direkt danach folgte Nicholson und das Kuckucksnest. Damit ist alles gesagt, zumindest angedeutet.

Keine Kommentare: