11. Juli 2011

THE TREE OF LIFE

Terrence Malick (USA, 2011)
Zu aller erst: Der Vergleich zu Kazans "Jenseits von Eden" und Kubricks "2001", den man hin und wieder aufschnappt, hinkt noch nicht mal so sehr: immerhin heuerte Malick den gleichen Spezialeffekt-Künstler an, der bereits in den 60ern an Kubricks Weltraums-Odyssee mitgewirkt hatte. Und die Tragödie einer amerikanischen Middle Class-Familie der 50er, um einen dominanten Vater, der mit harter Stränge seine Söhne erzieht, hat sicherlich auch was von der Steinbeck-Verfilmung mit James Dean.
Was aber "Tree of Life" so rätselhaft macht ist gerade der Mix aus beidem; dieser radikale Eingriff, beides miteinander verwoben zu haben, so dass trotzdem eine narrative Gesamtheit bleibt: eine allumfassende Schöpfungsgeschichte, die irgendwo im Verlauf der Zeit so etwas banales wie eine Familientragödie hervorgebracht hat. Eine Familientragödie mit der Bedeutung eines einzelnen Sandkorns (wenn man es im Verhältnis betrachtet), die mit der Geburt und dem Aufwachsen der Söhne eine eigene Schöpfungsgeschichte in sich trägt und letztendlich einen klitzekleinen Beitrag zur Gesamtheit beiträgt; ein mikroskopisches Zahnrad an einer ewigen Uhr, das dennoch seine Bedeutsamkeit hat.
Der stets zielstrebige Familienvater wird am Ende schließlich von seiner hochrangigen Stelle als Ingenieur entlassen und versagt auch als Autoritätsperson. Ein gefallenes Vorbild lebenslänglicher Schufterei, die ins nichts führt. Die Bedeutung und Reichweite dessen aufs gesamte Universum, findet man komischerweise schon bei Woody Allens "Stadtneurotiker" wieder, wo Klein-Woody sich nicht mehr mit der Schulbildung plagen will, weil das Universum sowieso expandiert.
Stilistisch und handwerklich ist "Tree of Life" sicherlich grenzüberschreitend; Malick überwindet mit schwebender Leichtigkeit alle erzählerischen und bildästhetischen Konventionen, schafft etwas überstilisiertes, lässt Kitsch und Pathos hinter sich und kommt in einer eigenen, neuen Welt an.
Als Zuschauer muss man sich hier erstmal neu orientieren, was nicht leicht fällt, aber doch befriedigt, weil man weiß, dass man nach dem ersten Sehen noch lange nicht mit dem Film abgeschlossen hat. So vieles ist noch offen und liegt verborgen.
Zu schade, dass Malick nach jedem Film einem kreativen Dornröschenschlaf verfällt und somit ständig überholt wird, denn trotz seiner Genrevielfalt kann er leider niemals ein neuer Kubrick werden. Muss er aber nicht. Er ist ja auch Terrence Malick.

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