29. September 2011

MORITURI

Bernhard Wicki (USA, 1965)
Wicki scheint ein Regisseur gewesen zu sein, der jeden Cent für eine pompöse Ausstattung seiner Filme hergegeben hätte, um die nötige visuelle Attraktivität zu erreichen.
Bei "Morituri" fällt zu aller erst sein immenser Aufwand auf: Er lässt die Kamera aus weiter Entfernung wie einen Vogel hoch über den riesigen Schiffen kreisen, dann auf das Deck herab gleiten, um in der gleichen Einstellung (ohne Schnitt!) so nah an die Darsteller heranzuzoomen, dass man als Zuschauer den Leuten an Deck fast in die Nasenlöcher hineinschauen kann; man wird sofort ins Geschehen integriert.
Brando ist Sprengstoffexperte und soll, getarnt als Gestapo-Offizier, an einem deutschen Frachter Sprengladungen entschärfen. Diese befinden sich, (deutlich gekennzeichnet, aber gut versteckt), an den unterschiedlichten Orten des großen Schiffes und sollen vom deutschen Kapitän (Yul Brynner) gezündet werden, falls der Frachter dem Feind in die Hände fallen sollte.
Was sich nach einem trockenen Kriegskrimi anhört, erweist sich als ein aufregendes und spannungsvolles Drama, denn Bernhard Wicki ist nicht nur ein technisch besessener Regisseur, sondern weiß, in dieser effektvollen Kulisse interessante Charaktere unterzubringen.
Brando ist sowieso immer gut; hier muss er noch zusätzlich eine Tarnung aufrecht hallten, verläuft sich dadurch in diversen, psychologischen Sackgassen, wenn er im Gespräch mit der Besatzung oder beim Auftauchen anderer deutschen Offiziere, in deren Visier gerät.
Brynner als Kapitän wie gewohnt der disziplinierte Typ, der alles gefasst einsteckt, doch bis zum Ende hin, immer deutlicher erweicht und an Jack Londons Wolf Larsen-Figur erinnert.
Hinzu kommt noch eine Schiffsbrüchige Jüdin (Janet Margolin); äußerlich wie eine verloren gegangene Ingmar Bergman-Frau, die mit bissigem Zynismus den Stolz ihres Volkes verteidigt. Durch ihre Anwesenheit rettet sie außerdem den Film vor der stets drohenden Genre-Schublade eines harten Männerfilms. Und entgegen aller Hollywood-Klischees wird sie (die attraktive und einzige Frau an Bord) sogar am Ende kaltblütig niedergeschossen.
Der Film überrascht. Inhaltlich und formal.

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