22. September 2011

THE BEGINNERS

Mike Mills (USA, 2010)
Am Wiesbadener Caligari-Programmkino eine lange Schlange. Große Verwunderung; dabei ist der Film doch bloß so ein kleiner Happen, würde man denken. Schließlich im Kino drin, und dort einen Platz zu finden, erweist sich als eine höhere Kunst.
Bei genauerer Überlegung: es handelt sich um eine Liebesgeschichte zweier ansehnlicher Darsteller (Ewan McGregor und Mélanie Laurent) und um einen alten Familienvater (Christopher Plummer), der im Sterben liegt und plötzlich seine Homosexualität zugibt und auslebt. Es stimmt: eigentlich ein thematischer Garant für gefüllte Kinositze.
Irgendwann geht es los und der Film ist immerhin sehr sympathisch geraten. Anfangs bereiten die Parallelhandlungen, bzw. die verschiedenen Rückblenden etwas Probleme, weil sie die Geschichte holperig erscheinen lassen. Man fragt sich unweigerlich, wo eigentlich der Fokus liegt, oder liegen soll. Die Abhängigkeit der Handlungsstränge wird dann aber immer deutlicher, nicht zuletzt durch die eingeblendeten Zwischensequenzen, die den jeweiligen gesellschaftlich-historischen Kontext ihrer Zeit beleuchten: wir sehen diverse amerikanische Präsidenten, James Dean, Hitler, Moden und Trends, Ereignisse. Wir können schmunzeln, aber all das auch auf die Figuren projizieren. Das ist nett durchdacht, hält die einzelnen Szenen besser zusammen und erweckt den gesamten Film wieder zum Leben, wenn die Handlung mal wieder etwas schläfrig wird.
Dann hört der Film wieder auf und man denkt als aller erstes, wie selten in diesem Kinosaal überhaupt ein Lacher oder eine sonstige Reaktion zu vernehmen war. Vielleicht liegt aber der Reiz des Filmes in diesen subtilen Andeutungen, dass er einen Humor in sich birgt, der keiner sein will. Dass er uns das Thema der Homosexualität nie aufdrängt, auch wenn er davon erzählt. Dass er seine Liebesgeschichte friedlich vor sich hin und herschaukeln lässt und ihre Höhen und Tiefen stets im Zaum halten kann.

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