28. Juni 2011

DER SCHMALE GRAT

Terrence Malick (USA, 1998)
Wenn Terrence Malicks Film losgeht und man zu allererst das Unheil bringende Krokodil ins schlammige Wasser hineinkriechen sieht und anschließend Private Witt (James Caviezel) als Deserteur unter den friedlichen Eingeborenen einer Pazifik-Insel beobachtet, wie alles in einem paradiesisch-jungfräulichen Einklang und gegenseitigem Respekt abläuft und schließlich aber das Boot der amerikanischen Truppen am Horizont erscheint, das den Deserteur aufgespürt hat, ja... dann weiß man zumindest, dass einen hier ein ganz großer filmischer Brocken erwartet, der alles auf eine poetische Bildsprache setzt.
Danach wird "Der schmale Grat" zum Kriegsfilm, oder besser gesagt zum Schlachtfilm, denn auch dieser Film beweist, dass letztendlich kaum ein Kriegsfilm als ein solcher bezeichnet werden kann. Es ist bloß einen winzigen Teil eines großen, komplexen Krieges, so wie sich auch Malicks Werk mit dokumentarischer Präzision auf die Eroberung der von den Japanern besetzten Guadalcanal-Insel konzentriert.
Aber wahrscheinlich ist das in dem Fall der einzige mögliche Weg, um bewusster auf Einzelschicksale einzugehen. Denn bei Malick ist der Soldat nicht bloß ein gesichtsloses Glied an einer Kette, sondern vor allem ein Individuum mit menschlichen Schwächen, die zwischen den hohen Gräsern unter ständigem Beschuss der Japaner hervorragen, wie entblößte Zielscheiben. Und es scheint, als hätte der Regisseur ganz Hollywood in den Krieg geschickt; so viele vertraute Gesichter unter den Helmen der amerikanischen Charlie-Kompanie. So facettenreich wie der Blick auf die unberührte Natur, so breit gefächert auch die einzelnen Charaktere und so vielseitig ihre persönliches Kriegsleiden.
Was hier einzig stört sind Private Bells (Ben Chaplin) in Szene gesetzten Erinnerungen an die gemeinsame Zeit mit seiner geliebten Frau, die das Kriegsgeschehen zerstückeln, in dem sie den Erzählrhythmus mit romantischer Postkartenfotografie unterbrechen. Genauso aufdringlich wie der immer wiederkehrende off-Erzähler, der im Grunde nur das untermauert, was die Bilder auch ohne ihn schaffen. Darüber hinaus immer noch ein großer Film.

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