16. November 2010

TETRO

Francis Ford Coppola (USA, 2009)
Gemessen an Coppolas zwei Monstern "Der Pate" und "Apocalypse Now" ist dieser neue Film bloß eine Fingerübung des Altmeisters. Dennoch ein großer Film und vermutlich das Highlight des diesjährigen Exground-Festivals in Wiesbaden.
Eine Art Kazan'sches Familiendrama; ganz im Stil alter Hollywood-Dramen der 50
er.
Dazu noch in Schwarzweiß gedreht; bloß dass Coppola seine Geschichte in Buenos Aires angesiedelt hat; eine exotische Würze.. die Location erscheint so filmisch frisch und unve
rbraucht.  
Den Inhalt zusammenzufassen bedeutet, den Film sofort zu enträtseln, daher lieber kurz und knapp: Bennie (ein sehr toller Alden Ehrenreich, den Spielberg kurz zuvor entdeckt und weiterempfohlen haben soll) arbeitet als Kellner auf einem großen Schiff, das wegen einer Panne in Buenos Aires halt macht. Hier besucht er seinen älteren Bruder Tetro (ein noch viel tollerer Vincent Gallo), der seine Familie verstoßen und sich in der argentinischen Hauptstadt niedergelassen hat. 
Es wird gerüttelt und geschüttelt an alten Familiengeschichten und Tragödien, versteckte Kisten mit Hinweisen auf die eigene Existenz werden aufgerissen, Erinnerungen an verstorbene Mütter und despotische Väter (Klaus Maria Brandauer als großer Dirigentenstar), fellineske Theateraufführungen und schließlich Coppolas Neigung Ballet, Oper und Theater in die Geschichte zu integrieren. Aus dieser Symbiose von Darstellender Kunst und Wirklichkeit entsteht erst die eigentliche Story, oft mit einem subjektiver Blick auf Kleinigkeiten.  
Schwer zu erklären, wo genau die Kraft dieses Filmes liegt. Vielleicht sind es aber die vielen überraschenden Momente: Um auf sich aufmerksam zu machen, klopft Vincent Gallo ganz leicht mit einer Axt gegen die Scheibe, die daraufhin sofort einen Sprung bekommt. Mehr passiert nicht; das vorbestimmte Mordwerkzeug wird erst gar nicht zu einem solchen.Vermutlich liegt hier die Antwort: Coppola weiß zu überraschen. Immer noch. Da kann er sich getrost zurücklehnen und ein Coppola-Weinchen entkorken, denn man kann sich immer noch auf die alten Helden verlassen und muss sich nicht stets neue suchen.

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