23. August 2012

MARTHA

Rainer Werner Fassbinder (Deutschland, 1974)
Ein quälender Gedanke verfolgte mich beim Gucken, als hätte man das alles schon mal gesehen, vielleicht sogar in verschiedenen Variationen. Fassbinder erzählt hier von einer versklavten Frau (Margit Carstensen), dich sich ihrem herrischen Ehemann fügen muss, um ihn nicht zu enttäuschen, der einzige Weg, um geliebt zu werden, auf perverse Art zwar, aber dennoch geliebt, was immerhin die nötige Geborgenheit garantiert.
Martha stolpert während ihres Urlaubes (bei dem zuerst ihr herzkranker Vater stirbt) über den aalglatten Helmut Salomon (Karlheinz Böhm), und ist von seiner charismatisch-schleimigen Schlagerstar-Aura überwältigt. Es kommt zur Hochzeit und beide ziehen in eine gemietete Villa, er möchte sie voll und ganz für sich haben und kündigt sogar stillschweigend ihren Job, denn die Frau gehört ins Haus. In dieser Abgeschiedenheit beginnt dieses traurige 2-Mann-Theater, die rasche Wandlung von Helmut zum dominanten Despoten, der seine Frau von nun an erzieht, ihre Rolle bis ins kleinste Detail kontrolliert und vorbestimmt. Alles gelingt ihm in schwülstig-belehrenden Zurechtweisungen, hin und wieder mit kleinen Ausrastern wenn er etwa Marthas Musikgeschmack als "Schleim" bezeichnet und daraufhin voller Stolz seine eigene Platte auflegt.
Marthas Figur bleibt vor allem ein Rätsel, wie sie sich dem von Fassbinder vorgeschriebenen Masochismus dermaßen beugen kann, wie sie alles duldet und letztendlich ihr Unglück als Glück empfindet, bleich geschminkt, beinahe apathisch im Handeln, der menschliche Vampir und bedienungslose Sklavin, die von ihrem Herrn bis zum letztens Tropfen ausgesaugt wird.
Und Böhm muss als Bösewicht noch nicht mal all zu viel machen; seine Film-Ehefrau reitet sich schon selbst tief in den Abgrund. Man könnte fast Bezüge zur Abhängigkeit zwischen Fassbinder und seinen Schauspieler-Untertanen erkennen. Vielleicht widerspiegelt dieser Film Fassbinders kleine Welt bzw. seine Schreckensherrschaft deutlicher als manch anderer seiner Filme.

Keine Kommentare: