27. August 2013

DAS FRÜHSTÜCK IM GRÜNEN

Jean Renoir  (Frankreich, 1959)
Jean Renoir hatte damals seine gesamte Filmographie längst hinter sich und zur Verschnaufpause setzte er als älterer Mann auch mal einen Fuß ins Grüne. Wer aber glaubt, dieser Film sei lediglich eine Verbeugung vor Édouard Manets gleichnamigem Gemälde und Jean Renoir wollte sich bloß in der landschaftlichen Idylle seines Vaters Auguste Renoir gemütlich machen, der irrt ganz gewaltig.  Dieses Alterswerk hält mehr bereit, als ein simples Faulenzen im Sonnenbad der französischen Impressionisten. Renoir geht es um mehr als um Eindrücke hübscher Landschaften, auch wenn sein Film oft in naive Albernheiten abrutscht, wie man sie beinahe bei einem frühen Blake Edwards vorfinden könnte.
"Glück bedeutet, Unterwerfung unter die Gesetze der Natur." stellt Professor Etienne (Paul Meurisse) fest, während er an der Seite von Nenette (Catherine Rouvel) in der wärmenden Sonne brutzelt, umgeben von Seen und friedvollen Wäldern.
Ganz am Anfang lernen wir ihn als eine nüchternen Wissenschaftler kennen, der den perfekten Menschen mit Hilfe künstlicher Befruchtung erzeugen will. Doch im Verlauf der Geschichte finden sich alle Figuren beim Picknick im Grünen zusammen und das Herz des Professors erweicht als er die nackt badende Nenette erblickt. Prompt landen beide im Gebüsch und Renoir darf diverse Natur-Metaphern in Form vom stürmisch fließenden Gewässern und sich schwingenden Gräsern in den Wogen der Flüsse ausschlachten. Der Professor als Verfechter der Wissenschaft unterliegt nun dem Charme des Mädchens (sie wollte sich zuerst als Probandin für seine Versuche anbieten!) und der Schönheit der Umgebung, so dass seine anfänglichen, starren Überzeugungen einer neuen Vision beiseite treten müssen: der Vereinigung von Wissenshaft und Natur. Evolution, Zivilisation, Atomzeitalter, bis hin zu Religion, Moral und Liebe; Renoir verschnürt alles in einem großen Sack.
Unvergesslich bleibt in diesem Film der stürmische Wind, der während des Picknicks aufkommt und alle Charaktere durch die Gegend wirbelt, bis sie hilflos nach Halt suchend, durchgeschüttelt und auf den Kopf gestellt, einer schwülen Hitze überlassen werden. Die Natur als Spiegelbild und Lebensbühne, in deren überschätzten Abgeschiedenheit man nicht immer die erhoffte Ruhe finden wird.

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