4. April 2013

VERBOTENE SPIELE

René Clément  (Frankreich, 1952)
Ich ging wieder völlig erwartungslos an die Sache heran, nur um erneut von einem sehr guten Film überrumpelt zu werden. René Clément hat mich komischerweise bisher eher enttäuscht, aber das waren auch seine neueren Filme, denn von der Frühphase bekam man nichts mit und wundert sich um so mehr, dass die Regisseure der Nouvelle Vague einen Großteil des französischen Nachkriegskinos tief begraben wollten, wo doch gerade solche Filme wie der wirklich wunderbare "Verbotene Spiele", zwar mehr mit dem italienischen Neorealismo verwandt ist, aber dennoch sogar so manch einen späteren Nouvelle Vague-Film problemlos überragt.
Handlungsort ist das ländliche Frankreich, mitten im zweiten Weltkrieg. Die Bevölkerung flieht aufs Land und in den Menschenmassen lernen wir sofort die 5jährige Paulette, ihre Eltern und den kleinen Hund des Mädchens kennen. Clément sorgt jedoch dafür, dass die Familie schnell wieder auseinandergebracht wird, weil die Eltern und der Hund bereits in den ersten Minuten bei einem deutschen Fliegerangriff ums Leben kommen. Nur Paulette überlebt diese Tragödie als einziges Familienmitglied und irrt fortan mit dem toten Hund auf dem Arm in der Gegend herum, bis sie dem etwas älteren Bauernsohn Michel begegnet und sie als Waise in dessen Familie aufgenommen wird.
Die putzige Paulette als adrette Pariserin muss sich erst mal an die bäuerlichen Verhältnisse gewöhnen, überwindet jedoch die Trauer um ihre Eltern und ihr unverständliches Schicksal dank ihres neuen Freundes und dem gemeinsamen Spiel, alle toten Tiere zu sammeln und für sie in einer alten Mühle ein Friedhof zu errichten. Die dafür nötigen Grabkreuze stehlen die beiden Kinder vom Leichenwagen, dem nahegelegenen Friedhof und sie schrecken selbst nicht davon zurück, das kostbare Altarkreuz aus der Kirche entwenden zu wollen. Das Grauen des Krieges hat in der heilen Kinderwelt schon längst seine Spuren hinterlassen und man schmunzelt hier nur noch über die absurde Tragik jener Zeit.
Clément mischt hier so viele Themen und Genres; da ist alles dabei von Kriegsfilm bis Trümmerfilm (bloß eher seelische Trümmer), von einem ziellos streuenden Neorealismo wie bei Rossellini und de Sica, bis hin zum unschuldig blickenden Kinderfilm und einer Familiengroteske, bei der zwei Dorf-Familien und verschiedene Hausbewohner in ihrem ewigen Zwist, der festgefahrenen Hinterwäldler-Mentalität und dem religiösem Gehorsam (als letzte Anlaufstelle), liebevoll porträtiert werden.
Und um das Werk zu vollenden, begleitet der Spanier Narciso Yepes diese exzellent fotografierte Schwarzweiß-Ballade auf seiner klassischen Gitarre.

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