8. April 2013

DAS TAGEBUCH DER ANNE FRANK

George Stevens USA, 1959
George Stevens nimmt sich hier eines schweren Themas an. Der sonst so durch epische Bilder bekannt gewordene Stevens ("Giganten", "Die größte Geschichte aller Zeiten") sperrt uns hier in das berühmt-berüchtigte Holocaust-Kammerspiel von Anne Franks kurzem Lebensweg ein. Falsche Zeit, falsches Land, falscher Regisseur, könnte man denken. 1959 war ja auch noch eher die Zeit des klassischen Hollywoods und welches tonnenschwere Thema man auch anpackt, es wird immer den Eindruck einer amerikanischen Variante erwecken, mit einem Unterhaltungsfaktor im Hauptvisier, der Änderungen und Verharmlosungen fordert.
Audrey Hepburn wollte die Rolle nicht spielen, das wäre vermutlich auch die tödliche Krönung einer märchenhaften Kitschvariante, ohne damit jetzt Frau Hepburns Können auf die Füße treten zu wollen. Millie Perkins musste einspringen und damit ist die Anne Frank wie man sie sich vorstellt immer noch viel zu knuddelig geraten.
Mosern wir also erstmal weiter herum: die Wohnung, in der die Familie Frank und Familie van Daan (u.a.) zusammengepfercht herumhausen (selbst das sind schon zwei unpassende Begriffe!) entspricht eh nicht den Tatsachen und was sich schließlich zwischen Anne und Peter van Daan (Richard Beymer) entwickelt, ist in bester Hollywood-Manie; wenn der Film nicht Schwarzweiß wäre, könnte man sicherlich die schwebenden rosa Herzen besser erkennen. Und wenn sich Peter gerade mal wieder in seiner Kammer zurückzieht, schaut Anne hoffnungsvoll aus dem Dachbodenfenster auf den (vermutlich) blauen Himmel und träumt aus dem Off von dem Glauben an das Gute im Menschen. Da fragt man sich, ob George Stevens ein solcher Verbrecher ist, oder ob man sich eher an das echte Tagebuch zurückerinnern sollte, um mit einer naiven, altklugen und vorlauten Göre konfrontiert zu werden.
Aber der Film hat glücklicherweise noch eine andere Seite, bzw. eigentlich keine andere, bloß kann man diese verhängnisvoll ausgebügelte, beinahe verniedlichte Art, gleichzeitig fast lobpreisen, weil Stevens trotz der Überlänge immer noch ein recht kompakt erzähltes und gut fotografiertes Kammerspiel abliefert, das sein Ziel verfehlt, aber durch eine unterhaltsamen 50er-Jahre-Gemütlichkeit besticht.

Keine Kommentare: